Vom Frust und der Freude eines Försters

Seit einem Vierteljahr­hundert ist Förster Peter Muntwyler im Spreiten­bacher Wald tätig. Trotz schwierigem Einstieg ein Traumjob, der sich jedoch ständig verändere.

Peter Muntwyler ist nicht nur im Wald, sondern auch im Büro tätig. Melanie Bär

«Forstbetrieb Heitersberg» steht auf dem grauen Subaru, mit dem Peter Muntwyler zum Forstmagazin, dem Bauernhof der Ortsbürger, fährt. Er hat sich gerade mit einem Installateur getroffen, um eine Störung bei der Heizung im Schulhaus Hasel zu beheben. Besitzerin der Heizung ist die Spreitenbacher Ortsbürgergemeinde, der in der Gemeinde noch vier weitere Anlagen gehören. Geheizt wird mit dem eigenen Holz, das einen Sommer lang im Wald getrocknet und zu Holzschnitzeln verarbeitet wurde.

Die Mitarbeitenden des Forstreviers Spreitenbach betreuen die Anlagen im Auftrag der Ortsbürger. «Mit allem, was dazugehört, von der Bewirtschaftung bis zur Heizkostenabrechnung», sagt Peter Muntwyler, der mittlerweile am grossen Tisch im Aufenthaltsraum des ehemaligen Bauernhauses Platz genommen hat.

Nun ist klar: Der Förster ist nicht nur im Wald anzutreffen. «Nein, rund die Hälfte ist Büroarbeit», bestätigt Muntwyler. Die Einsatzplanung der vier Forstwarte und des Lernenden oder der Holzverkauf gehören genauso dazu wie das Erstellen von Budgets, Rechnungen und Offerten. «Ein wichtiges Standbein ist mittlerweile auch der Einsatz bei Privaten im Wald oder die Spezialholzerei ausserhalb des Waldes.» Diese Einnahmen sind wichtig, weil der Verkauf des Holzes die Ausgaben längst nicht mehr deckt. «Holz wird am Weltmarkt gehandelt, wir konkurrenzieren unter anderem mit illegaler Holzerei und Grossunternehmen, das ist manchmal frustrierend.»

«Das wird mein Job»

Ansonsten ist der Spreitenbacher nach wie vor begeistert vom Forstberuf. «Mein Vater und Grossvater waren beide Förster und haben mir viel Freude an der Arbeit im Wald vermittelt. Für mich war deshalb schon als kleiner Bub klar, dass das mein Job wird.»

Nach der Forstwartlehre im Spreitenbacher Wald arbeitete er in Brugg, wechselte in eine Akkordholzerei und besuchte vor dreissig Jahren die Försterschule. Weil damals viele Forstbetriebe fusionierten, seien die Stellen rar gewesen. Muntwyler arbeitete in einer Sägerei, einem mechanischen Betrieb mit Melkmaschinen, leitete ein Bauamt und überlegte, sich als Baumkletterer selbstständig zu machen. Dort, wo Bäume aufgrund der Lage nicht herkömmlich gefällt werden können, wird mit der Motorsäge von oben nach unten Stück für Stück geschnitten. «Das gehört auch heute noch zu meinen Lieblingsarbeiten, sie ist aber auch gefährlich und ich entschied mich deshalb gegen die Selbstständigkeit.»

Am Anfang gabs ein Unwetter

Bereut hat er das nie. Denn sonst hätte er am 1. Oktober 1999 nicht in die Fussstapfen seines Vaters treten können. Die Übernahme des Försteramts verlief allerdings anders, als er sich das vorgestellte hatte. Keine zwei Monate im Amt richtete der Sturm Lothar am 26. Dezember riesige Waldschäden an. Anderthalb Jahre brauchte der damals 33-Jährige mit seinem Team, um die Schäden zu beseitigen. «Noch heute sieht man an den Wurzelstöcken vereinzelt Sturmschäden. Es ist das krasseste Naturereignis, das ich bisher erlebt habe.»

Wenn auch nicht das einzige. 2013 zog ein Unwetter mit Hagel über die Region. «Teilweise sah es danach aus, als hätten wir Blätter gehäckselt.»

Seit einigen Jahren sorgt die Trockenheit für Schäden im Wald. Die extrem heissen, langen und trockenen Sommer schwächen die Bäume, sie sind anfällig für Krankheiten, den Befall von Käfern oder die Baumkronen sterben ab. «Da reicht auch ein regenreiches Jahr wie heuer nicht, damit sich die Bäume erholen.» Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, pflanzten die Forstwarte hitzebeständigere Bäume wie Zedern, Douglasien, Edelkastanien oder Tulpenbäume. «Auf einer Schadenfläche in Oberrohrdorf testen wir aus, wie sich die Bäume bewähren.» Das sei eine ganz andere Art von Waldverjüngung im Vergleich zu früher: «Damals konnten wir alte Bäume fällen und junge pflanzen, eine natürliche Verjüngung.» Heute müssen 70 Prozent der Flächen gezwungenermassen neu bepflanzt werden, weil die Bäume darauf aufgrund Krankheit gefällt werden müssen. Das kranke Holz wird dann meist zu Holzschnitzeln verarbeitet.

Wenns kalt ist, wird geholzt

Trotz allem: Für Peter Muntwyler ist der Wald der schönste Arbeitsplatz. «Vor allem im Winter, bei Wetter unter dem Gefrierpunkt. Dann können wir holzen, ohne dass alles dreckig wird.» Wochenlanger Regen drücke hingegen auf die Stimmung. Der Förster steht auf, öffnet die Tür zum danebengelegenen Werkraum, wo ein Dutzend Motorsägen bereitliegen. «Wenn wir draussen nichts tun können, schärfen wir hier die Ketten oder machen kleine Reparaturen.» Doch lange bleiben die Männer nicht im alten Bauernhaus, sie kehren gerne in den Wald zurück. So oft wie möglich arbeitet Peter Muntwyler mit. «Wenn wir Bäume pflanzen, gestalten wir auch die Zukunft, weil die Bäume ja dann etwa 100 Jahre dort stehen.» So wundert es nicht, dass Peter Muntwyler auch einen Teil seiner Freizeit im Wald verbringt. Er besitzt ein privates Stück Wald in Spreitenbach, das er zusammen mit seinen Eltern und der Schwester bewirtschaftet. Doch auch auf dem Wasser verbringt er beim Segeln Zeit oder beim Wandern in den Bergen.

Muntwyler schliesst die Türe, verabschiedet sich und setzt sich wieder ins Auto. Er trifft sich zum Mittagessen mit anderen Förstern aus der Region und tauscht sich aus. «Es herrscht keine Konkurrenz, man hilft sich gegenseitig», sagt er, ehe er davonfährt.

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