«Ich kenne jedes Kind mit Namen»
Nach 28 Jahre im Dienst der Schule Killwangen geht Schulleiter Urs Bolliger in Pension. Eine Nachfolge wurde bereits bestimmt.
Urs Bolliger arbeitete von 1985 bis 2003 als Junglehrer in der Mittelstufe der Schule Killwangen. Danach war er während neun Jahren an der Schule Wehntal im Zürcher Unterland als Primarlehrer und später als Schulleiter tätig. Im Jahr 2012 kehrte er als Schulleiter und Schulsekretär in Personalunion wieder zurück nach Killwangen.
Nun geht er Ende Juli, nach 28 Jahren an der Schule Killwangen, in Frühpension. Das Amt des Schulleiters übernimmt im neuen Schuljahr mit einem 65 Prozent Pensum Daniel Vontobel, während Christa Arnold für die 35 Prozent der Schulverwalterin gewählt wurde.
Fliessende Übergabe
Auf die Frage nach seinen Zukunftsplänen meint Urs Bolliger, dass er sich sehr darauf freue, wieder mehr Zeit für seine Frau, die erwachsenen Kinder und die Enkel zu haben. Auch im und rund ums Haus sei immer etwas zu arbeiten und dann habe er endlich wieder mehr Zeit zum Üben für seine beiden Blues- und Rockbands. Wenn die Sehnsucht nach der Schule übermächtig würde, böte diese ihm in der heutigen Zeit ja viele Möglichkeiten. Gemeinderat Martin Kreuzmann bedauert seinen Abschied, ist sich jedoch sicher, dass Bolligers Nachfolger, Daniel Vontobel, das Amt genauso verantwortungsbewusst weiterführen wird wie er. «Es ist natürlich ein herber Verlust nach so vielen Jahren. Doch irgendwann ist es nun mal so weit», so Kreuzmann. Die Übergabe habe schon Anfang Jahr begonnen. «Wir sind im regen Austausch mit Daniel Vontobel, damit die Übergabe möglichst fliessend verläuft.» Hauptsache sei, dass sich an der Schule Killwangen alle wohl fühlen können: «Der Gemeinderat möchte ein attraktives und sicheres Umfeld für die Schüler und Lehrer bieten», so Kreuzmann.
Es hat sich viel verändert
Die Beziehungen zu den Menschen und vor allem zu den Kindern an der Schule seien Bolliger immer sehr wichtig gewesen. «Ich kenne praktisch jedes Kind mit Namen.» Er freue sich auch heute noch immer, Schüler und Schülerinnen von früher zu treffen, und geniesse den Austausch mit ihnen sehr. «Viele haben mittlerweile selbst Kinder, die in unsere Schule gehen.»
Aber es war trotzdem nicht immer einfach. Schwierig gewesen seien zum Beispiel Unfälle, bei denen Kinder schwer verletzt wurden, oder wenn man spürte, ein Kind zu wenig zu erreichen. Auch Situationen, in denen man auf der persönlichen Ebene angegriffen wurde, ohne sich dagegen wehren zu können, gehörten dazu. Wie im Jahr 2018, da soll an der Schule Killwangen ein Schüler gemobbt worden sein. (Die Limmatwelle berichtete). Urs Bolliger geriet in Kritik, doch ihm waren die Hände gebunden. «Es war ein sensibles Thema und vor allem ging es dabei um ein Kind», da müsse man vorsichtig sein, um den Datenschutz aufrechtzuerhalten. Zusätzlich musste er die Integrität des beschuldigten Lehrers schützen.
In den letzten Jahren waren zusätzlich die vielen Schulreformen sehr belastend und natürlich der sich in eine besorgniserregende Richtung entwickelnde Lehrermangel.
Es habe sich in den letzten Jahren generell viel verändert, in der Gesellschaft wie in der Schule, sagt Bolliger. Früher habe er im Klassenzimmer allein unterrichtet und die ganze Verantwortung selbst getragen. Heute sei das nicht mehr so. Während des Unterrichts ist oft noch eine Fachlehrperson oder eine Klassenassistenz dabei.
Bolliger ist sich nicht ganz sicher, ob es damals oder heute besser war. «Früher ist man Schwierigkeiten einfach anders angegangen als heute. Man hatte kaum Unterstützung, konnte aber auch anders reagieren, zum Beispiel wenn die Kinder Blödsinn machten. Heute fragt man sich rückblickend schon, ob man den Schülern seinerzeit wirklich gerecht geworden ist.»
Dazu kommt, dass damals auch die Zusammenarbeit mit den Eltern anders funktionierte. Wenn der Lehrer etwas sagte, dann galt das viel mehr als heute. Dafür laste heute mehr Druck auf den Eltern, was es für sie wiederum schwieriger mache. «Eltern machen sich heute verständlicherweise viel mehr Sorgen um ihre Kinder und jeder reagiert anders darauf. Der eine wird wütend, jemand anderes zieht sich zurück und so weiter.» Für Urs Bolliger sind die unterschiedlichen Elternreaktionen hauptsächlich ein Zeichen der Angst um das eigene Kind. Man dürfe das deshalb nicht persönlich nehmen, sondern müsse den Eltern Verständnis entgegenbringen.
Zum Schluss meint Urs Bolliger: «Ich durfte über die Jahre immer wieder spüren, dass mir die Killwangener vertrauen.» Das wünsche er sich auch für seinen Nachfolger.