Einen Essensack zu Weihnachten für Bedürftige

Am 19. Dezember können Bedürftige eine Einkaufstasche mit Lebensmitteln in der reformierten Pfarrei Spreitenbach abholen. «Denn niemand soll an Weihnachten Hunger haben», begründet Pfarrer Stefan Siegrist die Aktion.

Pfarrer Stefan Siegrist füllt eine Tasche mit Lebensmitteln für Bedürftige. Melanie Bär
Pfarrer Stefan Siegrist füllt eine Tasche mit Lebensmitteln für Bedürftige. Melanie Bär

Etwa einmal pro Woche steht eine Person vor dem Pfarrhaus der Familie Siegrist. Bittet um eine Gabe. «Das ist normal. Doch seit ein paar Monaten klingelt es nicht mehr nur einmal pro Woche, sondern mehrmals», sagt Stefan Siegrist. Der reformierte Pfarrer schreibt dies der finanziellen Notlage zu, die bei einem Teil der Bevölkerung durch Covid-19 ausgelöst wurde. «Es ist eine Vermutung, die sich in Gesprächen jedoch erhärtet», fügt er an.

Deshalb haben das Pfarrehepaar und die Kirchenpflege gehandelt und eine Hilfsaktion organisiert. Am 19. Dezember können Bedürftige im reformierten Kirchenzentrum Hasel eine mit Esswaren und Pflegeprodukten gefüllte Einkaufstasche abholen. Ohne ihre Bedürftigkeit nachweisen oder sich ausweisen zu müssen. «Wir vertrauen darauf, dass mehrheitlich diejenigen Menschen kommen, die es brauchen. Denn an Weihnachten soll niemand hungern.»

Hilfsaktion: Spender und Empfänger gesucht

Damit genügend Taschen bereitstehen, sucht die Kirchgemeinde nun Spender. Wer will, kann eine Einkaufstasche füllen und zwischen dem 16. und 18. Dezember abgeben. Das Organisationskomitee hat eine Liste erstellt, womit die Taschen gefüllt werden sollen. Es sind mehrheitlich lang haltbare Waren wie zum Beispiel Teigwaren, Reis, Konserven, Süssigkeiten, aber auch Zahnpasta und Duschmittel. Der Pfarrer hofft, dass etwa 50 Essenssäcke gespendet und ebenso viele abgeholt werden. Sollte es zu wenige Taschen haben, wird die Kirchgemeinde einspringen, werden zu wenige abgeholt, werden sie an Institutionen weitergegeben, die sich für Bedürftige einsetzen. Für Siegrist ist es eine einmalige Aktion. Er ist gespannt, wie sie genutzt wird und ob er die Not richtig erfasst hat. «Falls wir merken, dass sie tatsächlich gross ist, werden wir uns als Kirche überlegen, wie wir auch in Zukunft helfen können.»

10-Franken-Gutschein statt Bargeld wird nicht von allen geschätzt

Einer der Bedürftigen, mit dem Siegrist ins Gespräch kam, ist ein Familienvater. Seine Frau hat seit Covid-19 keine Putzaufträge mehr, er selbst hat nur noch eine 40-Prozent-Anstellung als Verkäufer. «Es trifft vor allem Jobs im Graubereich, vielleicht auch Schwarzarbeit, wo es keine Verträge gibt und die fehlenden hundert Franken dazu führen, dass das Geld nicht mehr reicht», vermutet Siegrist.

Seit einigen Jahren gibt das Pfarrehepaar den Bedürftigen, die an seiner Haustüre klingeln, kein Bargeld mehr, sondern einen 10-Franken-Gutschein eines Einkaufsladens. «Anhand der Reaktion merken wir, wie bedürftig die Person wirklich ist», sagt der Pfarrer. Während die einen den Gutschein nehmen und sich herzlich bedanken, würden andere schimpfen und Geschichten auftischen, um anstelle des Gutscheins Bargeld zu bekommen.

Siegrist lässt sich davon nicht beeindrucken. Ihm ist bewusst, dass es auch Menschen gibt, die das Helfen der Kirche ausnutzen. «Dieses Dilemma bleibt. Deswegen niemandem mehr etwas zu geben, wäre aber falsch. Es ist nicht an uns als einzelne kleine Kirchgemeinde, das System grundlegend zu ändern. Wenn schon, dann wäre das die Aufgabe der Gesamtinstitution Kirche.»

Einkaufsdienst während des Lockdowns organisiert

Im Gegenteil. Er sieht es als Aufgabe der Kirchgemeinde, der Not entgegenzuwirken. Deshalb haben Pfarramt und Kirchenpflege zusammen mit rund 30 Personen aus der Kirchgemeinde während des Lockdowns einen Einkaufsdienst ins Leben gerufen. Rund 50-mal konnte so unkompliziert geholfen werden. «Es war schön zu sehen, wie viele Leute sich fürs Helfen bereit erklärt haben. Weit mehr als Personen, die Hilfe in Anspruch genommen haben.»

Abgabe der Taschen an Bedürftige am 19. Dezember, 15–17 Uhr, ref. Kirchenzentrum Hasel, Poststrasse 219. Abgabe der gefüllten Lebensmitteltaschen der Spender: Kirchgemeindehaus Hasel am 16.12., 16–18 Uhr, am 17.12., 17–18.30 Uhr sowie am 18.12., 17–18 Uhr und in der Dorfkirche an der Chilegass 18 am 18.12 von 20–20.30 Uhr. Packliste und Infos sind bei Patricia Huggenberger erhältlich unter 078 761 46 56 und auf www.spreitenbach-killwangen.

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