Volk sagt Nein zum Boostocksteg und zur Begegnungszone

An der Gemeindeversammlung wurde der Kredit für den Boostocksteg abgelehnt. Keine Chance hatte auch die Begegnungszone. Dafür wird im Wohnquartier Tempo 30 eingeführt.

Siegerprojekt mit der Visualisierung des Boostockstegs in Spreitenbach.zVg/ Winfried Schneider Produktdesign

Es war schwül in der Turnhalle, draussen regnete und donnerte es und die Fussballeuropameisterschaft war im Gang. Trotzdem erschienen letzte Woche 157 Personen zur Gemeindeversammlung. «Das zeigt, dass wichtige Themen anstehen», sagte Gemeindepräsident Markus Mötteli (Die Mitte). Und tatsächlich wurde rund zweieinhalb Stunden diskutiert. Am meisten Kritik erntete der Ersatzneubau des Boostockstegs und die Begegnungszone «Althau».

Zwar bestritt niemand den Erneuerungsbedarf des Anfang der 1970er-Jahren erstellten Boostockstegs, der den alten Dorfkern und das Shoppingcenter verbindet. Trotzdem hagelte es Kritik. Das schien auch Mötteli zu ahnen, er schickte der Diskussion voraus: «Es ist nicht nur ein Ersatz des bestehenden Stegs, sondern das einzige Projekt, das aufzeigt, wie man den Neumattpark neu gestalten könnte und entlang der Bahnhofstrasse eine Aufwertung schafft.» Das Siegerprojekt sah eine Verlängerung der Brücke vor.

Eine achtköpfige Jury hatte das Projekt der Firma Timbatec Holzbauingenieure Schweiz AG in einem Studienwettbewerb aus vier Vorschlägen zum Sieger gekürt: ein Hängeseilsteg mit Holz als Hauptbaustoff, der den Übergang zum geplanten Park markiert.

Flavio Zani von der Geschäftsprüfungskommission (GPK) hatte keine Freude an der Wahl der Jury und rechnete vor, dass das Siegerprojekt mehr als eine Million mehr koste und gesamthaft schlechter bewertet worden sei als das günstigste Projekt. «Die Firma Timbatec hat noch nie eine Schrägseilbrücke gebaut und es ist eine unterhaltsintensive Holzbrücke. Das günstigere Projekt, die Stahlbrücke, bräuchte wesentlich weniger Unterhalt.» Beat Frei von der Finanzkommission (Fiko) pflichtete ihm bei und stellte einen Ablehnungsantrag: «Der Gemeinderat soll ein neues Projekt vorlegen, dessen Kosten deutlich unter einer Million sind das und die Kosten der ganzen Lebenszeit aufzeigt.» Da nützte es auch nichts, dass Mötteli erklärte, dass diese erste Bewertung nur als Grundlage einer Diskussion gedient hatte. Mit 37 Ja und 110 Nein wurde der Antrag der Fiko angenommen. Somit zog der Gemeinderat auch den damit zusammenhängenden Kredit für die Umgestaltung der südlichen Anbindung und die Teilsanierung der Alten Bahnhofstrasse zurück.

140000 Franken wären vergebens ausgegeben worden

Doch wie geht es jetzt weiter? «Eine Möglichkeit ist, dass wir nochmals von vorne beginnen und das Projekt neu ausschreiben», sagt Mötteli auf Anfrage. Das würde bedeuten, dass die 140000 Franken, die für den Studienauftrag ausgegeben worden sind, in den Sand gesetzt wären. So oder so ist der Gemeinderat verpflichtet, mit dem Team des Siegerprojekts das Gespräch zu führen. Jetzt einfach ein anderes Projekt umzusetzen, ist hingegen nicht möglich. «Das Siegerprojekt hat Anspruch auf eine Realisierung – vorbehältlich einer Kreditgenehmigung.» Der Gemeinderat werde die Situation neu beurteilen. Klar ist, dass es nun länger dauern wird, bis der neue Steg realisiert ist. Weil im Frühjahr 2022 an der bestehenden Brücke Instandstellungen vorgenommen wurden, könne die Brücke zurzeit jedoch ohne Sicherheitsbedenken weiter genutzt werden. Einzig für die rutschigen Holzbalken am Boden müsse für die Wintersaison allenfalls Ersatz geschaffen werden.

Tempo 30 in den Wohnquartieren

Zusätzlich zum Traktandum Boo­stocksteg gab auch die Einführung weiterer Tempo-30-Zonen und einer Begegnungszone zu reden. Der Gemeinderat hatte vorgeschlagen, dass die im südlichesten Dorfgebiet bestehenden Tempo-30-Zonen auch in den Wohngebieten West, Dorf/Boostock und im Quartier Langäcker eingeführt werden sollen. Zudem schlug er vor, beim entstehenden Schulhaus Althau eine Begegnungszone zu schaffen. Damit würde in Quartieren mit reinem Wohncharakter flächendeckend Tempo 30 herrschen. Dagegen wehrte sich die GPK. Sie fand die Begegnungszone «völlig überflüssig» und wollte zudem die Tempo-30-Zone auf der Dorfstrasse bis und mit Haufländlistrasse begrenzen. Sie stellte drei Anträge, die anfangs für Verwirrung sorgten, weil die Anliegen teilweise miteinander gekoppelt waren. Peter Muntwyler stellte deshalb einen Rückkommensantrag, sodass die Bevölkerung einzeln über die Begegnungs- und die Tempo-30-Zone abstimmen konnte. Schliesslich fiel das Resultat klar aus: Die vorgeschlagenen Tempo-30-Zonen wurden eingeführt und die Begegnungszone abgelehnt.

Alle anderen Traktanden wurden wie vom Gemeinderat vorgeschlagen genehmigt oder zur Kenntnis genommen. Knapp wurde einzig die Genehmigung der Kreditabrechnung für die neue Transformatorenstation Neumatt. Sie wurde mit 149000 Franken überschritten. Das bewog die Fiko, einen Rückweisungsantrag zu stellen, der jedoch mit 62 Ja bei 65 Nein abgelehnt wurde.

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