Freiwillige fahren über Festtage
Pädu Gafner und Rolf Agra sind zwei von 1300 freiwilligen Fahrern, die über die Festtage im Kanton Aargau fahruntaugliche Personen mit ihren Autos im Auftrag der Stiftung «Nez Rouge» nach Hause fahren.
2777 Fahrgäste, 1413 Fahrten, 1300 freiwillige Helferinnen und Helfer und 52330 Fahrkilometer: So lautet die Bilanz der Nez-Rouge-Aktion im Kanton Aargau der vergangenen Saison. Seit exakt 30 Jahren beteiligt sich auch eine Aargauer Sektion an der nationalen Präventionskampagne, deren Ziel mehr Sicherheit auf Schweizer Strassen ist. «Bis an Silvester führen wir fahruntaugliche Personen mit ihren Autos nachHause», sagt Christoph Knöpfli, Präsident der «Nez Rouge»-SektionAargau-Basel. Man will so Verkehrsunfälle verringern, die durch reduziertes Fahrvermögen verursacht werden.
Seit einer Woche sind die freiwilligen Fahrerinnen und Fahrer wieder unterwegs. Die Aktion wurde seinerzeit von und für Bürger organisiert und ist heute eine gemeinnützig anerkannte Stiftung. Mit Ausnahme der Regionen Engadin und Oberwallis sind in der ganzen Schweiz Fahrer unterwegs. Die einzelnen Sektionen organisieren sich selbstständig. Im Aargau hat man einen Verein gegründet und spannt mit Basel zusammen.
Start in Lenzburg
Vor einer Woche haben die Aargauer ihre Zentrale in den von der Berufsschule Lenzburg zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten in Betrieb genommen. «Die Fahrer treffen um 20.45 Uhr dort ein», sagt Knöpfli. Zuerst wird der Führerschein kontrolliert und ein Gesundheitscheck gemacht. «Wir wollen keine kranken oder übermüdeten Fahrer, das wäre fahrlässig», begründet Knöpfli. Sobald um 21 Uhr die ersten Personen anrufen, die den Fahrdienst in Anspruch nehmen wollen, gehts los: Zwei Freiwillige fahren in einem ihrer Privatautos an den Einsatzort.
Einer der über 1000 freiwilligen Fahrer im Aargau ist der Wettinger Pädu Gafner. Der Lokführer engagiert sich seit 2017 ehrenamtlich als Fahrer. Damals hatte er sich von seiner Partnerin getrennt und musste die geplanten Ferien kurzfristig absagen. «Ich hatte ja aber trotzdem Ferien, also meldete ich mich spontan als Fahrer.» Seither ist er dabei. Am nächsten Samstag ist der 41-Jährige mit seiner Freundin für «Nez Rouge» unterwegs. In ihrem Privatauto fahren sie zum Zielort. Dort steigt er in das Auto des Gasts und fährt ihn damit heim. Anschliessend steigt er wieder ins Auto seiner Freundin und fährt mit ihr an den nächsten Einsatzort. Je nach Nachfrage gibt es längere oder gar keine Wartezeiten dazwischen.
Bisher hat er ausschliesslich gute Erfahrungen gemacht. «Und ich durfte schon mit den schönsten Luxusautos fahren, einem Lamborghini und einem Ferrari beispielsweise.» Die Kundschaft ist vielfältig: Vom Studenten, zur Mutter bis zum Geschäftsmann. «Es ist meistens sehr angenehm, sturzbetrunken war noch nie jemand», so Gafner. Das bestätigt auch Rolf Agra. Der Neuenhofer fährt diese Saison zum zweiten Mal für «Nez Rouge» und sagt: «Die meisten Leute sind gesprächig und locker drauf.» Agra arbeitet als Chauffeur, seine Motivation ist es, Unfälle zu verhindern. «Ich finde dieses Angebot etwas Gutes, wenn man überlegt, wie viele Unfälle es gibt und welches Leid dahintersteckt.»
Grosszügige Spenden
Manche Gäste seien sehr grosszügig und geben Trinkgeld. «Einmal gab eine Person 200 Franken und da liessen sich die Mitfahrer dann auch nicht lumpen und waren auch spendabel.» Bewusst ist das Angebot aber kostenlos: Jeder solle davon Gebrauch machen können, niemand alkoholisiert fahren. Mit den Spenden werden die Kosten gedeckt. Denn auch wenn alle freiwillig arbeiten, entstehen trotzdem Ausgaben für Werbung und Infrastruktur, auch das Benzingeld der Begleitperson, die mit ihrem Privatauto unterwegs ist, wird bezahlt. Resultiert ein Überschuss, wird er gespendet. Letztes Jahr konnte die Aargau-Basel-Sektion 2500 Franken an die Kinderspitex Nordwestschweiz spenden.
Auch wenn das Angebot kostenlos ist, so wolle man die Taxiunternehmen nicht konkurrenzieren, betont Knöpfli. Man fährt deshalb auch nur Personen heim, die mit dem Auto unterwegs sind. «Man könnte also sagen, wir bringen das Auto zurück und nehmen den Besitzer mit. Das bietet ja sonst niemand so an», so Knöpfli.
Während Pädu Gafner kommendes Wochenende im Einsatz ist, wird Rolf Agra an Silvester für «Nez Rouge» fahren. Dann befindet sich Gafner bereits in der Wärme und wird in Thailand den Touristen als Tauchlehrer die Unterwelt zeigen.
«Nez Rouge» ist bis an Silvester jeweils ab 21 Uhr unter 0800 802 208 erreichbar.