Ein Leben auf dem Pferderücken

Franz Notter beendet nach über 80 Jahren seine Reiterkarriere, denn sein Pferd York kommt ins Altersheim.

Franz Notter und York beim Auffahrtsumritt 2008 in Beromünster. Foto: zVg
Franz Notter und York beim Auffahrtsumritt 2008 in Beromünster. Foto: zVg

Als er fünf Jahre alt war, hat Franz Notters älterer Bruder ihn zum ersten Mal zum Reiten mitgenommen. «Wir sind an einem Sonntagnachmittag nach Otelfingen geritten, das weiss ich heute noch», erzählt der inzwischen fast 88-Jährige. Als der Bruder bei einem Bach angaloppierte und über das Wasser sprang, stellte er ihm die Frage, die sein Leben prägen sollte: Hast du Mut? Sonst musst du jetzt aufhören. «Und seit da reite ich», schmunzelt Notter zufrieden.

Sein ganzes Leben lang hatte Franz Notter eine enge Beziehung zu Pferden. Schon sein Vater hat mit Pferden gehandelt und nebst dem Bauernhof – dem Steinhof in Würenlos – eine Fuhrhalterei betrieben. Streng sei der Vater gewesen, dabei aber sehr grosszügig. Im Krieg habe er ausrangierte Militärpferde in Thun gekauft. Franz Notter ritt mit ihnen nach Hause – am Mittag ging es los, morgens gegen vier Uhr kam er jeweils in Würenlos an. «Diese Erlebnisse haben mich den Pferden sehr verbunden gemacht», sagt Notter.

Später ist er Jagden und Concours geritten, hat über 40 Jahre lang Reitferien im Jura gemacht und war bei Reitanlässen und Pferdehändlern im Ausland zu Gast. «Das waren wunderschöne Erlebnisse», schwärmt Notter, gibt aber auch zu: «Ich würde wahrscheinlich nicht mehr reiten, wenn meine Frau nicht wäre.» Als er mit 50 Jahren beruflich stark eingespannt war, dachte er ans Aufhören. «Aber wenn man mit 50 aufhört, fängt man nicht wieder an. Dann kommt die Angst.» Seine Frau überzeugte ihn aber davon, weiterzumachen.

Seit er vor 23 Jahren pensioniert wurde – Notter war Sektionschef der Kreisdirektion Zürich bei der Bahn –, ritt er jeden Morgen aus. Jetzt allerdings sei es Zeit, aufzuhören. Sein Pferd York ist nun 24 Jahre alt und hat nach zweijähriger Wartezeit die Zusage für einen begehrten Platz in einem schönen Pferde-Altersheim im Jura bekommen – Franz Notter wollte für seinen guten Freund nur das Beste. «Man sollte aufhören, solange es einem noch gut geht», sagt Notter: «So schwer es mir auch fällt.» Gerade von York trennt sich Notter nur schwer. «York liegt mir ganz besonders am Herzen», sagt er über dieses Pferd, das ihn seit 20 Jahren begleitet. «Ich hatte viele Pferde, aber ein so braves Pferd wie York hatte ich noch nie. Er ist ein grundehrliches Pferd», sagt Notter liebevoll. Korrekt, lieb, der Liebling im Stall und ein «irrsinnig guter, genussvoller Galopper.» York habe zur Familie gehört, bestätigt auch Franz Notters Frau.

Am Freitagabend wird im Stall Ziegelhof, in dem Notters York viele Jahre lang bei Familie Benz hervorragend aufgehoben war, ein Abschiedstrunk mit allen Kollegen veranstaltet. Am Samstag geht die Reise für York nach Les Bois ins «Maison Rouge».

Was Franz Notter danach jeden Morgen macht, sei noch «ein bisschen ein Problem», wie er selber sagt. Er habe aber vor, im Tägi ein Abo zu lösen und zwei- bis drei- mal die Woche schwimmen zu gehen. Ausserdem stehen Lesen und Schreiben auf dem Programm und natürlich Besuche bei York im Jura. «Es ist nicht einfach, aber es wird gehen», schmunzelt Franz Notter.

Weitere Artikel zu «Würenlos», die sie interessieren könnten

Auf Raststätte gibts jetzt Kontrollen
Würenlos23.10.2024

Auf Raststätte gibts jetzt Kontrollen

Als Massnahme gegen Autotreffen wurden am Wochenende auf der Autobahnraststätte Zugangskontrollen durchgeführt. Zudem wurde ein neues Parksystem eingeführt.
Würenlos09.10.2024

Einstieg in einen neuen Lehrberuf

Seit 2023 gibt es das neue Berufsbild Entwickler digitales Business. Der Würenloser Gianluca Haldimann (16) macht die vierjährige Ausbildung bei der Itris AG in…
Würenlos02.10.2024

Erster Kontakt mit der Berufswelt

Erstmals fand eine von der Schule und dem Gewerbe gemeinsam organisierte Tischmesse statt. 12 Betriebe haben im Gmeinds-chäller 15 Lehrberufe vorgestellt.