Sonderfall Shoppi Tivoli und Ikea
Philipp Egli von der Aargau Verkehr AG legte die Namen der Stopps der Limmattalbahn fest. Er verhandelte mit Gemeinden, Firmen, den Kantonen sowie dem Bundesamt für Verkehr. Das Interesse der Fahrgäste spielte dabei eine wichtigere Rolle als die Richtlinien.
Die himbeerfarbene Zahl 20 leuchtet auf der weissen Tafel hervor. Sie symbolisiert die Linie der Limmattalbahn, die am 11. Dezember zwischen dem Bahnhof Killwangen und dem Bahnhof Zürich Altstetten den Betrieb neu aufnehmen wird. 27 Haltestellen weist die ganze Strecke auf. Philipp Egli hat die Namen dafür gemeinsam mit den involvierten Gemeinden evaluiert und dem Bundesamt für Verkehr (BAV) zur Genehmigung unterbreitet.
Der 48-Jährige arbeitet als stellvertretender Leiter Planung, Support und Controlling für die Aargau Verkehr AG, welche die Limmattalbahn betreibt. Er steht in einem der insgesamt acht Schienenfahrzeuge im Depot Müsli in Dietikon an der Gemeindegrenze zu Spreitenbach und blickt nach oben auf die Haltestellentafel. Ins Auge sticht ein unbeschrifteter Punkt zwischen den Stopps Spreitenbach, Kreuzäcker und Dietikon: Maienweg.
Das Perron für die Station im Niderfeld ist schon bereit
«Dieser ist für die Haltestelle Niderfeld in Dietikon gedacht. Da das geplante Quartier noch nicht existiert und niemand dort wohnt und arbeitet, bringt es nichts, dass wir dort schon halten», sagt Egli. Es sei schon etwas Besonderes, dass die Haltestelle Dietikon, Niderfeld, erst vorgemerkt, aber noch nicht angeschrieben sei, sagt er. Doch eigentlich steht dieses Detail im Halstestellenplan sinnbildlich für die Entwicklung, die man sich von der Bahn verspricht. Die Tiefbauarbeiten, Perrons und die Sockel für das Wartehäuschen für den Stopp im Niderfeld sind bereits vorbereitet. «Die Ausrüstung der Haltestelle wie etwa der Billettautomat und die elektronischen Anzeigen wird bei uns im Depot Müsli eingelagert und in drei bis fünf Jahren aufgestellt, wenn das Quartier Niderfeld entstanden ist», erklärt Egli.
Eine temporäre Haltestelle für die Ausstellung Phänomena
Vielleicht wird aber bereits vorher an dieser Stelle ein Stopp eingelegt. «Gerade sind Gespräche im Gange, ob wir die Haltestelle während der Erlebnisausstellung Phänomena im Dietiker Niderfeld vom April bis Oktober 2024 temporär bedienen dürfen», verrät Egli. Sie würde dann kurzzeitig Dietikon, Phänomena, heissen. Normalerweise ein Ding der Unmöglichkeit. Denn das BAV, das die Stationsnamen prüft und bewilligt, schreibt in seinen Richtlinien für Haltestellennamen vor, dass auf Fantasie- und Marketingnamen verzichtet werden soll. Doch es wäre nicht das erste Mal, dass das BAV eine Ausnahme machen würde. So hat es beispielsweise auch bei der Limmattalbahnhaltestelle Spreitenbach, Shoppi Tivoli, ein Auge zugedrückt.
«Der Name eines Unternehmens darf grundsätzlich nicht als Stationsname verwendet werden. Zudem sollte ein Haltestellenname in der in der Region vorherrschenden Sprache, also auf Deutsch, geschrieben sein. Das BAV zeigte sich dementsprechend kritisch, als die Gemeinde Spreitenbach diesen Namen für die Haltestelle vorschlug», erzählt Egli, der im Namensvergabeprozess als Schnittstelle zwischen den Kantonen Zürich und Aargau, dem BAV, den Gemeinden und Unternehmen wirkte.
Er habe der Gemeinde Spreitenbach wegen der kritischen Haltung des BAV geraten, eine alternative Bezeichnung bereitzuhalten. Diese hätte Spreitenbach, Zentrum, geheissen. «Doch das BAV hat die Begründung der Gemeinde nachvollziehen können, dass das Shoppi Tivoli seit über 50 Jahren besteht und massgeblich das Ortsbild und die Wahrnehmung Spreitenbachs prägt», sagt Egli. Des Weiteren habe die Gemeinde Spreitenbach geltend machen können, dass der Haltestellenname Shoppi Tivoli für die Besucher des Einkaufszentrums sinnvoller sei als ein Strassenname. «Schliesslich steigen die meisten Fahrgäste bei dieser Station aus, um ins Shoppi Tivoli zu gehen», sagt Egli. Ebenfalls speziell ist die Haltestelle Spreitenbach, Ikea.
Der Name des schwedischen Möbelriesen hätte im Stationsnamen nach den Richtlinien des BAV ebenso nichts zu suchen. «Hier war kein Bewilligungsverfahren nötig. Dies zum einen, weil die Bushaltestelle bereits so heisst, da sie erstellt wurde, bevor diese Richtlinien definiert wurden. Und zum anderen, weil es sich nicht um einen neuen Stopp, sondern lediglich um eine Erweiterung der bestehenden Station handelt», so Egli.
Strassennamen helfen nicht
immer bei der Orientierung
Die Anfrage der Veranstaltungs- und Ausstellungsplattform Umwelt-Arena in Spreitenbach, die Limmattalbahnhaltestelle in ihrer Nähe nach ihr zu benennen, wurde ebenfalls gutgeheissen. Die Station wird nun Spreitenbach, Umwelt-Arena, statt Spreitenbach, Furttalstrasse, heissen. «Der Name Umwelt-Arena wurde vom BAV problemlos genehmigt, weil es sich bei der Organisation um eine Institution und weniger um ein Unternehmen handelt», erklärt Egli. Die Gemeinde Spreitenbach habe sich ebenso für den Namen eingesetzt. Die Umwelt-Arena sei über die Region hinaus bekannt und einzigartig. «Ein wichtiges Argument der Gemeinde war überdies, dass sich auswärtige Besucherinnen und Besucher mit diesem Namen besser zurechtfinden würden und eine bessere Orientierung hätten, als wenn die Haltestelle mit Furttalstrasse angeschrieben sei.» Die Grundlage für die Haltestellennamen für die Limmattalbahn bildeten die Richtplaneinträge. «Sie dienten während der Planung und des Baus als Platzhalter. Die Namen wurden zwischen Frühling 2020 und Frühling 2021 geprüft und im Sommer 2021 festgelegt», erzählt Egli. Die meisten seien unverändert aus dem Richtplan übernommen worden.
Für Egli war die Festlegung der Namen der Limmattalbahn eine spannende Aufgabe. «Ich war neutral und habe eine beratende Funktion für die Gemeinden und Unternehmen eingenommen und ihnen aufgezeigt, was von den Richtlinien her möglich ist.» Persönlich habe ihm gefallen, dass das BAV auf die Argumente der Gemeinden eingegangen sei und die Richtlinien nicht wie unumstössliche Gesetze, sondern als allgemeinen Massstab verstanden habe. Egli sagt: «Es wurde im Interesse der ÖV-Benutzer und der Öffentlichkeit gehandelt. Das ist gut, denn sie sind ja schliesslich diejenigen, die tagtäglich mit den Namen in Berührung kommen.»