Wohnen im Kraftwerk

Die Stiftung Umwelt Arena aus Spreitenbach präsentierte in Urdorf ihre neuste CO2-neutrale Überbauung – mit vielen Vorzügen für Mieterinnen und Mieter.

Vorzeigeobjekt: Die Überbauung in Urdorf ist selbstversorgend. Severin Bigler
Vorzeigeobjekt: Die Überbauung in Urdorf ist selbstversorgend. Severin Bigler

Ein Windrad auf dem Dach, die Fassade aus Solarpanels, Erdsonden im Boden, Duschen mit Wärmerückgewinnung und Trinkwasserfilter: Alle diese Innovationen stecken im neuesten Projekt der Stiftung Umwelt Arena. Sie realisierte Im Kessler 5/7/9 in Urdorf drei Mehrfamilienhäuser mit 39 Mietwohnungen.

Die Überbauung dient der Umwelt Arena, die in Spreitenbach zukunftsgerichtete Projekte präsentiert, als Vorzeigeobjekt für energieeffizientes Bauen. Die frisch bezogenen Mehrfamilienhäuser sind CO2-neutral und selbstversorgend. «Wir möchten aufzeigen, was heute schon praktisch möglich ist und wie ein Haus zu einem Kraftwerk werden kann», erzählte Architekt René Schmid bei einem Rundgang durch die Gebäude.

Die Besichtigung offenbarte eine geballte Ladung modernster Techniken und Apparaturen. Angefangen mit der mintgrünen Fassade der drei Gebäude. «Alle Häuser sind mit Photovoltaikmodulen eingefasst», sagte Schmid. «Die Fassade sammelt Strom und bildet mit den Photovoltaikpanels auf den Dächern die Hauptenergiequelle der Überbauung.» Vorgesorgt hat man bei tiefem Sonnenstand im Winter, bei Nacht, Schnee oder Regen mit einem windrichtungsunabhängigen Wind-Solar-Kleinkraftwerk, das auf jedem Dach zusätzlich erneuerbare Energie erzeugt.

Velounterstand mit Solarpanels

Nicht nur Energie aus der Luft und der Sonne kommt zum Zuge. Auch Wärme aus fünf Erdsonden wird genutzt. Architekt Schmid hat zudem eine Lösung für die Problematik der Winterstromlücke parat. Dabei setzt er auf eine Hybridbox. «Das ist die wichtigste Komponente der Gebäudetechnik. Sie wirkt als Energiezentrale und reguliert und steuert die produzierte Energie.» Nebst erneuerbaren Gasen nutzt die Hybridbox Erd- und Umgebungswärme zur Energiegewinnung. Sie dient aber auch als saisonaler Energiespeicher. Auch kleine Details in der Gartenanlage rund um die neuen Gebäude zeugen von der Bemühung, möglichst viel Potenzial zu nutzen. So besteht das Dach des Velounterstands aus Solarpanels und der Weg neben den Besucherparkplätzen ist mit Photovoltaikmodulen bestückt. Die Wegleuchten spenden in der Nacht Licht, das mit Solarstrom erzeugt wurde.

Zugute kommen soll der Effort der Stiftung Umwelt Arena den Mieterinnen und Mietern. «Sie sollen von der modernen Bauweise profitieren», sagte Architekt Schmid. Die Bewohnenden verfügten über ein vorgegebenes Energieverbrauchsbudget, in dessen Rahmen sie Wärme und Haushaltsstrom zum Nulltarif erhalten würden. «Es ist schön, dass wir mit diesem Projekt das Bewusstsein der Menschen verändern können. Viele Mieter achten auf ihre Energiekosten und versuchen, ihr Wohnverhalten aufgrund ihrer Verbrauchsstatistik, die sie über eine App ablesen können, anzupassen.» Auf Komfort und Wohnlichkeit wurde ebenso geachtet. Davon zeugte der Blick in eine Viereinhalbzimmerwohnung für 2500 Franken Miete im Monat im dritten Stock.

Der Wohn- und Essbereich mit Kochinsel präsentiert sich geräumig und hell. «Dafür sorgen die beiden Balkone auf der Süd- und der Nordseite. Man kann wählen, ob man am Schatten oder an der Sonne sitzt, und das zu jeder Tageszeit», sagte Schmid. Ein weiterer Luxus: Die kontrollierte Lüftung, die automatisch für Nachschub sorgt, wenn der CO2-Gehalt in der Wohnung einen gewissen Wert überschreitet.

Beim Duschen Energie sparen

Zu den Annehmlichkeiten gehören überdies die wetterbedingt steuerbaren Sonnenstoren, die vernetzten Haushaltsgeräte sowie ein Trinkwasserhahn mit Mikro- und Kohlefilter. Und auch beim Duschen können die Mieter ihr Energiebudget optimieren. «Es wurde ein Wärmetauscher in der Abflussrinne eingebaut. Das ablaufende Warmwasser in der Ablaufrinne erhitzt über diesen das zufliessende Kaltwasser. So kann eine Energieeinsparung von bis zu 30 Prozent erreicht werden», erklärte Claudio De Giacomi von der Firma Joulia.

Nicht sonderlich verwunderlich, dass bei all den Vorzügen alle 39 Viereinhalb-, Dreieinhalb- und Zweieinhalbzimmerwohnungen bereits vermietet sind. «Es freut mich als Architekt, Wohnraum zu erschaffen, der bei den Leuten positiv ankommt», sagte Schmid. Den Standort in Urdorf habe man für das Vorzeigeprojekt gewählt, weil er zum einen über die neue Limmattalbahn gut erschlossen sei und zum anderen, um zu zeigen, dass ­solche energieeffizienten Bauten eben nicht nur am Zürichberg, sondern überall entstehen können.

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