Auftritt vor dem Heimpublikum

Die Killwangenerin Sarah Eisenstein tritt mit ihrer Band am Dorffest auf. Sie singt aus ihrem eigenen Leben, über Zweifel und Ängste und will Mut machen, den Träumen zu folgen.

Sarah Eisenstein (54) ist in Killwangen geboren und lebt mit ihrer jüngsten Tochter (18) im ehemaligen Elternhaus. Die Kauffrau und diplomierte Pflegefachfrau leitet ein Team von Studienkoordinatorinnen in einem Forschungszentrum. 2020 gründete sie mit drei weiteren Musikern die Band «Eisenstein» und probt in einem Lokal in Lenzburg.Melanie Bär

«Es Läbe lang mir iredä lah, dass ich öppis Grosses eh nöd chan. Und schlussändlich sälber no dra glaubt. Mini Meinig verstummt, min Körper vermummt. Alli Träum begrabe, immer tüfer abe. So dass am Schluss fascht nüt meh übrig bliibt», singt Sarah Eisenstein laut ins Mikrofon. Selbstbewusst, gut gelaunt steht sie auf der Bühne, witzelt mit den drei Bandmitgliedern, die sie lachend «unsere Chefin» nennen. Die 54-Jährige ist sichtlich in ihrem Element.

Kaum zu glauben, dass der Odyssee-Songtext ihre eigene Geschichte erzählt, sie sich selbst als «einen etwas schüchternen Menschen» bezeichnet, «der manchmal Ängste hat und oft an sich selbst zweifelt». «Über diese Gefühle zu schreiben, sie in einen Song zu verpacken und öffentlich zu machen, hilft mir», sagt sie beim Interview in ihrem Haus in Killwangen.

Mitte vierzig kam Unzufriedenheit

Das war nicht immer so. Es gab eine Zeit im Leben, da war die Musik in den Hintergrund geraten, sie kümmerte sich ausschliesslich um ihre vier Kinder und ihren Job in der Pflege. Sie tat das gerne, doch dann, Mitte vierzig, ohne ersichtlichen Grund, habe sie angefangen, an sich zu zweifeln, sah das Negative, wurde unzufrieden. «Ich fühlte mich gefangen im eigenen Leben, kam nicht weiter und fokussierte mich auf das, was ich verloren hatte statt aufs Gute.» Sie habe sich gefragt «Was will ich eigentlich?», ohne eine Antwort zu finden. «Doch ich wusste, was ich nicht wollte. Nämlich eine frustrierte, negative Person werden. Ich begann deshalb bewusst, meinen Fokus zu ändern.» Sie habe angefangen, sich Gedanken zu machen, was ihr Spass bereitet. Sie nahm die Hilfe ihrer Mutter an, damit sie mehr arbeiten und Kurse besuchen konnte, die ihr Selbstbewusstsein und ihr Selbstmanagement stärkten. Die Mitte-Vierzigerin besann sich darauf, was ihr früher Spass gemacht hatte, und fand zur Musik zurück. «Der Musikunterricht war schon als Kind mein Lieblingsfach, ich sang daheim oft mit meiner Mutter, mir gefiel der Musikstil meines Vaters und meines Grossvaters und ich hatte einen Oberstufenlehrer, der oft auf der Gitarre spielte und mit uns sang.»

«Was? In deinem Alter?»

Sarah Eisenstein begann, wieder Gesangsstunden zu nehmen, Konzerte zu besuchen und gründete vor vier Jahren mit Robi Würgler (Bass), Markus Maurer (Gitarre) und Andi Kunzmann (Schlagzeug) eine Band. «Was? In deinem Alter?», sei sie oft gefragt worden. Sie liess sich nicht beirren, im Gegenteil: «Ich will mit meiner Geschichte und meinen Songs andere ermutigen; man muss nicht perfekt sein, um seine Träume zu leben. Ich bin der lebende Beweis dafür», sagt sie und führt lachend an: «Ich bin nicht jung, nicht durchtrainiert und singe über die Herausforderungen im Leben.»

Bewusst habe die Band entschieden, keine bekannten Songs zu covern, sondern eigene Lieder zu schreiben. Der grösste Teil der rund 20 Songs stammt aus ihrer Feder. Nach inspirierenden Begegnungen, Hochs oder Tiefs greift sie daheim zur Gitarre, bringt Melodie und Text zu Papier. «Meistens nur eine Strophe und den Refrain.» Den Entwurf nehme sie in die Probe mit und die Band bringe das Lied zum Tönen. «Das ist der schönste Moment beim Musikmachen, wenn der Song zum ersten Mal ertönt.» Rund zwei Drittel werden schliesslich eingespielt, es wird gefeilt und geprobt, bis der Song schliesslich an Konzerten aufgeführt wird. Noch seien es kleine Events wie Dorffeste oder Auftritte in Musikbars. Letztes Wochenende spielten sie in einer Brauerei im Emmental, morgen am Dorffest in Killwangen.

Publikum ist Lohn der Arbeit

Die Auftritte seien der Lohn der Proben. «Kürzlich kam nach dem Konzert ein Mann auf mich zu und sagte, ich hätte aus seinem Leben gesungen. Solche Aussagen sind das schönste Kompliment für mich.» Auf einen Musikstil festlegen will sich Sarah Eisenstein nicht, die mit Ausnahme ihrer Reisen und eines einjährigen Kanada-Aufenthalts immer in Killwangen lebte. Am ehesten sei ihr Stil der Rockmusik zuzuordnen, doch die Band sei offen für jeglichen Musikstil.

Am Konzert in Killwangen werden eigene Songs zu hören sein. Mit Ausnahme eines Songs, den ein Musikkollege nach einem Besuch in Killwangen geschrieben hat und der von seinen Beobachtungen über das Dorf handelt. Ist Sarah Eisenstein nervös, vor dem Heimpublikum aufzutreten? «Nicht mehr als sonst. Aber ich habe meinen Bandkollegen gesagt, dieser Gig muss richtig gut werden, schliesslich ist in Killwangen mein Lebensmittelpunkt.» Drehbuch und Setliste stehen bereits, auch der Song «Odyssee» wird zum Besten gegeben. Wie dank der Musik im eigenen Leben, so kann man auch dem Refrain entnehmen, dass sich auf dem Weg der Odyssee alles zum Guten wendet, wie Sarah Eisenstein singen wird: «Niemert chammer säge, wasi z tue und z lah han. Das isch mini Freiheit.»

Auftritt am Dorffest am Freitag, 14. Juni, 22.30 bis 23.30 Uhr.

dorffest vom 14. bis 17. juni

Mit Live Acts, Food und Drinks, Fun und Action sowie EM-Public-Viewing. Detailliertes Programm unter www.killwangeläbt.ch.

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