Bachelorkandidatin: «Spreitenbach hat alles, was ich brauche»
Ana Rodrigues lebt seit sieben Jahren in der Schweiz. In dieser Zeit hat sie Deutsch gelernt, die Schule beendet, eine Lehre absolviert. Jetzt macht sie bei der aktuellen Staffel vom «Bachelor» mit.
Das Summen der Eingangstür symbolisiert die Erlaubnis zum Eintreten. Der Block mitten in Spreitenbach hat ein paar Stöcke. Aber längst nicht so viele wie andere. Einige Stufen weiter oben steht die Wohnungstür einen Spalt offen. Draussen riecht es nach Regen an einem kalten Herbsttag, drinnen nach abgebrannten Räucherstäbchen. Ana Rodrigues öffnet lächelnd den Rest der Tür. Das sei ihr erstes Interview, sagt sie beim Kaffeeservieren. Obwohl sie im Sommer mehrere Wochen vor Fernsehkameras stand, sei sie etwas nervös.
Rodrigues ist 22 Jahre alt und bei der Grossmutter in Portugal aufgewachsen. Sie trägt als mittleren Namen den ihrer Grossmutter: Palmira. Als 15-Jährige kam sie mit ihrem Bruder in die Schweiz. Mutter und Stiefvater wohnten bereits hier. Zuerst lebte Rodrigues im Bündnerland. Dort besuchte sie Deutschkurse, schloss die Schule ab, begann eine Lehre als Hotelangestellte, brach sie wieder ab. Zu viel Routinearbeit. Sie möge Abenteuer, Action, Menschen. Kein Wunder, sagt sie, das Bergleben sei nicht so ihres. Mit 18 begann sie ein Praktikum in einer Kindertagesstätte in Zürich. Dafür zog sie nach Neuenhof. Seit drei Jahren wohnt sie nun mit Tante und Cousine in Spreitenbach.
In der Freizeit spielt sie Theater, am liebsten die Rollen der Bösewichte
Eine Lehrstelle zu finden, sei schwierig gewesen, sagt Rodrigues heute. Sie habe drei Jahre lang Praktika gemacht. Erst dann konnte sie die Lehre zur Kleinkindererzieherin beginnen. Im Juli schloss sie die Ausbildung ab. An ihrem Job mag sie, zu sehen, wie sich die Kinder entwickeln. Ansonsten gehe sie ins Fitness und verbringe Zeit mit Freunden und Familie. Sie spielt auch Theater. Am liebsten die Rolle der Bösewichte. «Wahrscheinlich, weil ich privat ein fröhlicher, positiver Mensch bin.» Eines Tages möchte sie denn auch als Schauspielerin vor der Kamera stehen.
Heute sei sie gut integriert. Das sei aber nicht immer so gewesen. In der Schweiz Anschluss zu finden, sei nicht ganz einfach. «Viele Schweizer gehen lieber auf Distanz.» Deshalb sei es ihr immer wichtig gewesen, Deutsch zu lernen. «Auch, damit ich mich wehren kann, wenn ich blöd angemacht werde.» Einen Partner zu finden, sei ebenfalls nicht leicht. «Die Männer wollen nichts Ernstes. Aber ich bin ein Beziehungsmensch.» So kam sie auf die Idee mit dem «Bachelor». Die Kollegen reagierten «easy» auf ihre Teilnahme, die Mutter weniger: «Sie mag kein Reality- TV.» Die Dreharbeiten dazu fanden im Sommer in Portugal statt. Mit der abgeschlossenen Lehre und dem neuen Job, der im Oktober startete, hatte sie Zeit dafür. Viel über den Dreh verraten kann sie nicht: «Es war eine coole Zeit mit vielen tollen Momenten. Ich habe viel gelernt. Und ich bereue nichts.» Sie ist überzeugt, es sind echte Emotionen im Spiel. Die Auswirkungen der Coronapandemie habe man während der Drehs schon gemerkt. «Wir haben auf die Abstände geachtet und das Produktionsteam trug Masken.»
Trotz der teilweise schwierigen Integration: Das Leben in der Schweiz gefällt der Spreitenbacherin. Hier habe man Möglichkeiten, in Portugal weniger. Es sei aber schneller und sauberer als in ihrem Heimatland.
Bald wird die 22-Jährige in ihre eigene Wohnung in Spreitenbach ziehen. Sie habe zwar etwas Respekt, dass ihr die Gesellschaft fehlen werde. Die Zeit sei aber reif für diesen Schritt. Sie bleibt der Gemeinde treu. Das hat einen Grund: «Spreitenbach bietet alles, was ich brauche: Menschen, gute Zug- und Busverbindungen, Einkaufsmöglichkeiten.» Wieso dem Ort teilweise ein schlechter Ruf vorauseilt, könne sie nicht verstehen. Sie fühle sich total wohl hier.