Die beiden Seelsorger sind Wegbegleiter für Menschen in allen Lebenslagen

Über Umwege haben Jacqueline und Benjamin Meier zum Beruf des Seelsorgers gefunden. Bereut haben sie den Jobwechsel nie. Auch jetzt nicht, wo Covid-19 ihre Arbeit auf den Kopf stellt. Im Interview sagen sie, wie sie trotz Krise mit der Bevölkerung von Neuenhof, Killwangen und Spreitenbach in Kontakt bleiben.

Benjamin und Jacqueline Meier sind die neuen Pfarreiseelsorger der Seelsorgeeinheit Neuenhof, Killwangen und Spreitenbach. zVg
Benjamin und Jacqueline Meier sind die neuen Pfarreiseelsorger der Seelsorgeeinheit Neuenhof, Killwangen und Spreitenbach. zVg

Seit Oktober sind Jacqueline und Benjamin Meier als Pfarreiseelsorger in der Seelsorgeeinheit Neuenhof, Killwangen und Spreitenbach tätig. Das Ehepaar lebt in Neuenhof und wird künftig das Team der Kirchenkolumnisten der Limmatwelle ergänzen.

Um Jacqueline und Benjamin Meier vorzustellen, war geplant, sie vergangene Woche für ein Interview in ihrem Büro in der Pfarrei in Neuenhof zu treffen. Aufgrund der aktuellen Lage wurde das Interview telefonisch durchgeführt und auch das Thema Coronavirus angeschnitten.

Sie sind das neue Pfarreiseelsorger-Ehepaar. Wie geht es Ihnen?

Jacqueline Meier: Wir haben aussergewöhnliche Zeiten, ansonsten geht es uns sehr gut. Wir haben uns gut eingelebt. Für mich ist die Region nicht unbekannt, ich bin in Spreitenbach aufgewachsen.

Benjamin Meier: Wir wurden herzlich aufgenommen und freuen uns, die Leute auf ihrem Lebens- und Glaubensweg zu begleiten.

Wie begleiten Sie die Menschen als Seelsorger in dieser Zeit, wo möglichst viele daheim bleiben sollen?

Jacqueline Meier: Wir sind für die Menschen da und erreichbar, jetzt halt eher per Telefon oder Mail. 

Was sind momentan die Anliegen der Bevölkerung?

Benjamin Meier: Es gibt Menschen, die Ängste und Sorgen haben in dieser Situation, die alleine sind und sich einsam fühlen, weil sie nicht unter die Leute dürfen. Wir sind keine Psychiater, bieten ihnen aber gerne Gespräche an. 

Was tun Ihre Pfarrei und Sie als Seelsorger zusätzlich zu den Gesprächen?

Jacqueline Meier: Die Herausforderung ist, mit den Leuten in Kontakt zu bleiben, da wir sie nicht mehr persönlich treffen können. Unsere Pfarreien Killwangen, Neuenhof und Spreitenbach haben eine Homepage gestaltet, die Impulse, Ideen und Anregungen für diese ausserordentliche Zeit bietet. Zu finden ist diese neue Homepage über den Link der Pfarrei-Homepages oder direkt unter gemeinsamstark.parishnet.ch. So wollen wir als Pfarreifamilie auch in dieser Zeit verbunden bleiben. Gerade in den anstehenden Ostertagen. Denn es wird seltsam sein und auch schmerzen, dass wir Ostern nicht gemeinsam in der Kirche feiern können.

Ihr Alltag als Seelsorger hat sich ziemlich verändert ...

Benjamin Meier: Ja, letzte Woche waren wir auch organisatorisch gefordert. Wir mussten klären, welche Anlässe und Feiern verschoben oder abgesagt werden müssen, wer darüber informiert werden muss und über welche Kanäle wir dies publizieren. Das braucht eine gute Koordination und Organisation, damit nichts vergessen geht.

Was nicht verschoben werden kann, sind Beerdigungen.

Benjamin Meier: Diese dürfen weiterhin stattfinden, halt unter den gegebenen Umständen, im engsten Familienkreis, direkt am Grab. Das ist für Angehörige, die sich in einer Zeit der Trauer befinden und von einem Menschen Abschied nehmen müssen, unglaublich schwierig. Ich versuche, sie zu unterstützen, aber auch uns als Seelsorger sind die Hände gebunden.

Würden Sie gerne mehr machen?

Jacqueline Meier: Ja, unser Beruf lebt davon, dass wir zusammen unterwegs sind, man sich trifft, gemeinsam feiert. Uns geht es wie den Schulen: Wir sind dran, neue Wege zu finden, um trotzdem in Kontakt zu sein, die Menschen zu unterstützen und das Pfarreileben lebendig zu halten, so gut es geht.

Warum liegen Ihnen die Menschen am Herzen, warum haben Sie den Beruf des Seelsorgers gewählt?

Benjamin Meier: Ich bin gelernter Konstrukteur und war zwei Jahre lang im Bereich Kundendienste und Projektplanung tätig. Der Druck war sehr hoch und ich hatte keine Zeit, daneben ein normales Privatleben zu führen oder den Glauben zu leben, mit dem ich aufgewachsen bin. Ich kam an einen Tiefpunkt, heute würde ich sagen, es war ein Burnout. Das war so einschneidend, dass ich entschied, das zu machen, was mir wichtig ist, was mich geprägt und begleitet hat. Ich kündigte meinen Job und studierte an der Hochschule in Chur Theologie. Das war der richtige Entscheid. Ich könnte mir heute nicht mehr vorstellen, etwas anderes zu sein als Wegbegleiter für Menschen in allen Lebenslagen.

Jacqueline Meier: Ich habe eine Lehre im Detailhandel gemacht und arbeitete sieben Jahre lang als Uhren- und Schmuckverkäuferin. In meiner Freizeit habe ich mich in der Pfarrei engagiert und spürte immer mehr, dass ich dort auch beruflich tätig werden möchte. So habe ich mich in Luzern zur Religionspädagogin ausbilden lassen und anschliessend in Chur und Luzern das Theologiestudium gemacht. Als Seelsorgerin muss ich den Leuten nichts verkaufen, sondern darf einfach aus Freude am Glauben etwas mit ihnen zusammen gestalten und das Gemeinschaftliche pflegen. Darin sind wir nicht alleine. Gott ist da.

Soll das eine Ermutigung für all jene Leute sein, die wegen der Isolation jetzt alleine sind?

Jacqueline Meier: Ja, durchaus, denn Gott begleitet uns auch in der Stille und im Alleinsein. Es braucht aber auch Nächstenliebe, für sich selbst und andere sorgen und die Solidarität mit den Schwachen und Kranken. Das sind zwar wesentliche christliche Grundwerte, die aber jeder Mensch leben kann.

Benjamin Meier: Im Moment ist Fastenzeit. Es ist die Zeit, wo sich Menschen ein bisschen zurückziehen, zurücknehmen. Nicht ganz freiwillig ist uns allen dies nun aufgetragen.

Jacqueline Meier: Dadurch, dass die meisten Freizeitangebote wegfallen, gibt es eine verordnete Verschnaufpause. Mich beschäftigt die Frage, ob das auch langfristig Auswirkungen auf unsere Gesellschaft hat. Auch im Seelsorgebereich: Es wird sich zeigen, welche kirchlichen Angebote wirklich wichtig sind und den Leuten gefehlt haben, welche nicht und was noch fehlt.

Benjamin Meier: Ich behaupte, man wird danach nicht einfach wieder in den normalen Alltag übergehen können. Wir müssen als Kirche die Fühler ausgestreckt haben, wach sein und schauen, welchen Einfluss die neu geschaffenen Angebote für das gemeinsame Unterwegssein haben. 

Was gibt Ihnen der Glaube?

Benjamin Meier: Gelassenheit. Gelassenheit weil ich weiss, ich muss nicht alles selber machen.

Jacqueline Meier: Mir gibt der Glaube Heimat. Wir waren im Sommer länger in den USA und durften an verschiedenen Orten katholische Gottesdienste mitfeiern. Obwohl vieles anders war, fühlten wir uns trotzdem daheim. Diese Beheimatung wünschen wir uns auch für die Menschen unserer Pfarreien.

www.gemeinsamstark.parishnet.ch

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