«Ich will für meinen Traum kämpfen»

Der Killwangener Leandro Bertolino gewann den «Kleinen Prix Walo». Am Dorffest zeigt der Rapper sein Können vor heimischem Publikum.

«Still got a Mic» heisst der zweite Song von Rapper Leandro Bertolino. Er handelt davon, dass selbst der Tod ihn nicht vom Mikrofon trennen kann. Mit dem Song gewann er den «Kleinen Prix Walo» und hat die Siegertrophäe in seinem Zimmer aufgestellt.Melanie Bär

Am Auto vor dem umgebauten Bauernhaus an der Zürcherstrasse hängt ein blaues «L». «Ich bin am Üben, im August werde ich 18, dann kann ich die Prüfung machen», erklärt Leandro Bertolino und bittet ins Haus. Weil er Ferien hat, ist der 17-Jährige nicht wie sonst um sechs Uhr aufgestanden, um sich im Treuhandbüro Zahlen zu widmen, sondern hat schon an seinem Songtext gefeilt, nutzt die Ferien für seine Leidenschaft – die Hip-Hop-Musik.

Das zeigt sich auch in seinem Zimmer. «Dr. Dre, The Chronic» steht auf der Schallplatte, die neben der goldigen Stern-Trophäe des «Kleinen Prix Walo»-Gewinns auf dem Pult steht. «Dr. Dre» ist mein Idol», sagt der Jugendliche über den 59-jährigen amerikanischen Rapper und Musikproduzenten auf dem Musikcover, relativiert jedoch gleich: «Trotz Idol, ich möchte mich selbst sein und meine eigene Musik machen.»

Seit anderthalb Jahren investiert der Jugendliche einen grossen Teil seiner Freizeit dafür und produziert in einem Studio in Mellingen Rap-Songs. Vor einem halben Jahr erschienen seine ersten beiden Lieder, im Dezember gewann er damit den «Kleinen Prix Walo» in der Kategorie Hip-Hop. Deshalb darf Bertolino am 4. Mai innerhalb der Star-TV-Livesendung an der Galafeier «Prix Walo» auftreten. Der Verein «Show Szene Schweiz» will mit dem Wettbewerb den Schweizer Show-Nachwuchs fördern.

Er macht Old-School-Rap

Rap-Musik sei ihm in die Wiege gelegt worden, «von meinen Eltern, die noch jung sind und oft Hip-Hop aus den 90er-Jahren abspielen». Dieser Old-School-Rap, wie diese Art genannt wird, gefällt ihm am besten. Er erklärt, dass sich die Musik von damals vor allem in der langsameren Geschwindigkeit, der Anzahl Beats pro Minute, zu heute unterscheide.

Beim Musikproduzieren nimmt er meistens zuerst die Melodie auf. Als Grundlage dienen manchmal bereits vorhandene Lieder, die er abändert und neu zusammensetzt. Nach dem Komponieren schreibt er den Text. «Umgekehrt ist schwierig, weil der Text ja zur Musik passen muss.» Die Ideen holt er im Alltag, «hustle» ist ein Wort, das in seinen englischen Texten immer wieder zu hören ist. «Ich verstehe darunter die Mischung zwischen Disziplin, Passion, Wille und Kraft, die man für etwas Bestimmtes einsetzt.» Es versteht sich von selbst, dass seine Leidenschaft das Musikmachen ist. «Dabei brauche ich eben beides: Disziplin und Freude. Wenn ich im Studio ein Lied komponiert habe, dann kommt ein Gefühl von Glück und Freude auf », beschreibt er, was ihn am Musikmachen bewegt.

Im Grunde sei er jedoch ein ruhiger, introvertierter Typ, beschreibt er sich selbst. Da passe auch die Lehre als Kaufmann in einem Treuhandbüro. «Wenn ich dann aber auf der Bühne stehe, dann zeige ich eine Show.» Die zehn Bühnenauftritte, die er in den anderthalb Jahren hatte, plant er minutiös, überlässt nichts dem Zufall, sondern setzt Nebelmaschine, Licht und andere Gestaltungselemente gezielt ein.

Auftritt im Juni in Killwangen

Auch fürs Killwangenerfest ist er bereits am Planen. «Es ist schön, dass ich in meinem Heimatdorf auftreten darf, und gleichzeitig auch schwierig. Denn vermutlich werden weniger Leute wegen meiner Musik kommen. Ich muss also auch Leute von mir und meiner Musik überzeugen, die nicht zu meiner Zielgruppe gehören.» Support erhält er von seinen Kollegen, mit denen er im Studio zusammenarbeitet und die sich auch bei Auftritten gegenseitig unterstützen. Und eine kleine, aber wichtige Fangemeinschaft bringt er sowieso mit: seine Familie mit dem fünfjährigen Bruder. Die Mutter und der Adoptivvater – er ist Betreiber des Blue Gorilla Cofee­shops in Killwangen – waren es auch, die seine Leidenschaft seinerzeit entfacht haben. «Meine Eltern sind mir eine grosse Stütze.»

Wovon handelt der Text, den er heute Morgen geschrieben hat? «Es ist ein Zitat, das übersetzt bedeutet, dass man nicht grossartig sein muss, um etwas zu starten, aber man muss starten, um grossartig zu werden.» Das setze er mit seiner Musik auch selbst um, sagt er: «Wer nicht kämpft, hat den Kampf verloren, ohne zu kämpfen. Ich will diszipliniert für meinen Traum kämpfen und mit dreissig nicht bereuen, dass ich nicht versucht habe, meine Träume umzusetzen.» Sein Lebenstraum sei ein unabhängiges Leben, in dem Musikmachen ein Teil davon einnimmt. Doch nicht nur: «Ich hätte gerne mal ein eigenes Haus, eine eigene Familie und dass ich mit Musikmachen genug verdiene, um davon Leben zu können.»

Ein Schritt auf dem Weg in die Unabhängigkeit ist für ihn der Lehrabschluss. Doch jetzt in seinen Ferien nimmt er sich vor allem Zeit für die Musik, um sich auf Auftritte wie den «Prix Walo» im Mai oder das Killwangerfäscht im Juni vorzubereiten. Und Auto fahren zu lernen, damit er im August die Fahrprüfung machen kann. Beim Fahrtraining wird er auch von seinem Grossvater Urs Alt unterstützt. Der ehemalige Killwangener Mitte-Parteipräsident wohnt ihm Anbau neben Bertolinos und gehört ebenfalls zu seiner Fangemeinde. Dorffest Killwangen: 14.–16. Juni, killwangeläbt.ch.

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