Kein Platz im alten Gemeinschaftsgrab: Trauerfamilie muss mit Beerdigung warten
Der Grund, warum das neue Grab nicht früher erstellt wurde, sei das bisher nicht bewilligte Budget, sagt der Gemeinderat. Nicht die Coronapandemie.
«Es kann doch wirklich nicht angehen, dass man in der Zeit der Trauer fünf Wochen warten muss, bis man die geliebte Person verabschieden kann», schreibt Maja Germade der Limmatwelle. Am 8. Mai wurde ein Mitglied ihrer Familie im Gemeinschaftsgrab des Friedhofs Killwangen beigesetzt. Am gleichen Tag verstarb ein weiteres Familienmitglied. Die Familie wollte die Verstorbene ebenfalls im Gemeinschaftsgrab beerdigen lassen. Doch sie müssen warten. «Uns wurde doch tatsächlich gesagt, dass auf dem bestehenden Gemeinschaftsgrab kein einziger Platz mehr frei sei und wir mit der Beisetzung warten müssen, bis der neue Ort fertig ist.» Als Grund sei die Coronapandemie angegeben worden. «Meines Wissens haben aber Gärtner, Landschaftsgärtner und Friedhofgärtner ihre Arbeit durchgehend weiter erledigt. Jetzt frage ich mich, wer hat da versagt?»
Gemeinderat Hanspeter Schmid (parteilos) bestätigt, dass im alten Gemeinschaftsgrab alle Plätze belegt sind. Bereits im April hat Schmid gegenüber der Limmatwelle gesagt, dass das Gemeinschaftsgrab nur noch Platz für zwei weitere Beisetzungen habe. Der Grund, warum das neue Gemeinschaftsgrab trotzdem nicht früher erstellt worden ist und diese Wartezeit für Beisetzungen hätte verhindert werden können, liegt gemäss Hanspeter Schmid nicht an der Coronapandemie. Sie habe lediglich dazu geführt, dass das Baugesuch für das neue Gemeinschaftsgrab zwanzig Tage länger als üblich aufgelegt werden musste. «Der Hauptgrund liegt beim nicht bewilligten Budget», so Schmid. Der Gemeinderat habe den Betrag für die Erstellung des neuen Grabs im Budget 2020 aufgenommen und an der Wintergmeind vom Stimmvolk absegnen lassen. Geplant war, das Baugesuch im Januar aufzulegen, sodass man das neue Grab im Februar oder März hätte bauen können. Weil gegen das Budget das Referendum ergriffen wurde, war es nicht rechtskräftig und der Gemeinderat durfte nur noch «dringend notwendige Ausgaben» tätigen. «Dazu gehört das Gemeinschaftsgrab zwar. Weil wir aber damit rechneten, dass das Budget an der Urnenabstimmung gutgeheissen wird, und diesen rechtsgültigen Beschluss abwarten wollten, haben wir den Urnengang am 1. März abgewartet. Als das Budget dann an der Urne abgelehnt wurde und der Platz im Grab immer knapper wurde, wollten wir nicht länger warten und legten das Baugesuch auf.» Niemand hatte bis zur verlängerten Frist bis am 11. Mai Einsprache erhoben, sodass nach den Vorbereitungsarbeiten Ende Mai mit dem Bau der neuen Grabstätte begonnen wurde.
«Ich finde, der Gemeinderat hätte früher reagieren müssen»
Zu spät, um sicherzustellen, dass im Gemeinschaftsgrab immer genug Platz für Verstorbene vorhanden war. «Ich finde, der Gemeinderat hätte früher reagieren müssen. Spätestens als er sah, dass Platz im Gemeinschaftsgrab knapp wurde. Die gesetzliche Grundlage zum Bau des neuen Grabs hätte er ja auch ohne abgesegnetes Budget gehabt und die Kosten dafür sind ja nicht riesig.»
Hanspeter Schmid kann den Unmut der Familie verstehen, die mit der Beisetzung ihres verstorbenen Familienmitglieds warten muss: «Ich habe absolutes Verständnis dafür, leider konnten wir den Zeitplan nicht verkürzen.»
Gemäss Aussagen der Gemeindeschreiberin Sandra Spring betrifft es eine Familie, die auf die Beisetzung warten muss. Eine andere Familie habe die Beisetzung freiwillig verschoben, weil ein Teil der Familie im Ausland wohnt und aufgrund der Pandemie nicht einreisen konnte.
Mehr Todesfälle und weniger Bestattungen im Reihengrab
Zum Engpass geführt habe auch eine Zunahme von Bestattungen im Gemeinschaftsgrab anstelle der Reihengräber, wo es noch genügend freie Plätze hat. Dieses Jahr gab es zudem überdurchschnittlich viele Todesfälle. «Durchschnittlich haben wir jährlich zwischen sechs und zehn Todesfälle. Dieses Jahr sind es bereits dreizehn und sie haben mehrheitlich nichts mit dem Coronavirus zu tun», sagt Spring. Bereits letztes Jahr habe es schon überdurchschnittlich viele Todesfälle gegeben. «Deshalb haben wir dem Gemeinderat letztes Jahr geraten, den Budgetposten für das neue Grab an der Wintergmeind zu beantragen», so die Gemeindeschreiberin. Dieser ist auf 10 000 Franken veranschlagt.
Dass die neue Grabstätte nicht teurer kommt, hängt damit zusammen, dass die Arbeit nicht an externe Fachleute vergeben werden musste, sondern von Bauamtsleiter Rafael Spring und dem Lernenden Andrin Bernet ausgeführt wird. Als gelernter Maurer mit Erfahrung in der Gartengestaltung ist Spring dafür ausgebildet und hat sich grundsätzlich auch über die Arbeit gefreut. «Es ist eigentlich eine sehr schöne Arbeit, wäre da nicht der Zeitdruck, weil wir wissen, dass die Angehörigen auf die Fertigstellung warten», sagt er.
Vor zwei Wochen haben sie damit begonnen, westlich der Abdankungshalle den Platz fürs neue Gemeinschaftsgrab zu gestalten. Mindestens hundert Urnen können dort begraben werden. Die Namen der Verstorbenen werden auf eigene Platten graviert und danach einzeln auf den sechs Granitplatten angebracht. Deshalb muss die Grabplatte zur Anbringung der Namen nicht mehr wie beim alten Gemeinschaftsgrab entfernt werden. «Das hat den Vorteil, dass es schneller geht und günstiger ist.» Am 18. Juni findet die erste Beisetzung im neuen Gemeinschaftsgrab statt.
Friedhof erregt die Gemüter: Vom Kompliment bis zur Kritik
Rafael Spring arbeitet seit knapp fünf Jahren auf dem Bauamt und im Werkhof der Gemeinde und ist in dieser Funktion auch für den Friedhof zuständig. Er habe schnell gelernt, dass dieser Ort die Gemüter besonders erregt: «Es kam schon vor, dass dankbare Einwohner uns Komplimente für den schön gepflegten Friedhof machten und andere am gleichen Tag reklamierten, die Anlage sei schlecht unterhalten. Das ist frustrierend, stecken wir im Sommer doch bis zu anderthalb Tage Arbeit pro Woche in den Unterhalt des Friedhofs.» Bereits beim Bau des neuen Gemeinschaftsgrabs seien vergangene Woche Einwohner vorbeigekommen und hätten kritisiert, die Granitplatten seien zu klein.
Auch das alte Gemeinschaftsgrab war von der Kritik nicht ausgenommen. Der Killwangener Max Ritter hatte bemängelt, dass es «düster und nicht so einladend» wirke (die Limmatwelle berichtete). Sobald das zweite Gemeinschaftsgrab fertiggestellt ist, werden Spring und Bernet die Pflanzen vom angrenzenden Hang beim ersten Gemeinschaftsgrab entfernen, mit Mulch ersetzen und Sträucher zurückschneiden. Im Wissen, dass auch dieses nicht allen gefallen wird.