Orientierung mit religiösen Traditionen

Die Killwangener Kirche ist dem heiligen Bruder Klaus geweiht. Aus Anlass seines 600. Geburtstags finden diverse Anlässe statt, die sein Leben aufgreifen.

Seelsorger Peter Zürn in der katholischen Kirche vor den Fensterschreiben mit den Visionen von Bruder Klaus. Foto: bär
Seelsorger Peter Zürn in der katholischen Kirche vor den Fensterschreiben mit den Visionen von Bruder Klaus. Foto: bär

Ist Niklaus von Flüe, besser bekannt als «Bruder Klaus», ein Heiliger? Oder eher ein Egoist, der sich selbst verwirklicht hat und Frau und Kind verliess? «Wenn Menschen ihrer Berufung folgen, ist das immer auch ein Stück weit egoistisch», sagt der Theologe und Sozialpädagoge Peter Zürn. Er ist in Killwangen als Seelsorger tätig und verantwortet die Veranstaltungen, die aus Anlass des Bruder-Klaus-Jubiläums monatlich stattfindenden werden.

Für Zürn war Bruder Klaus einer, der seiner Berufung gefolgt ist. Nach einer Sinnes- und Lebenskrise trennte sich Niklaus von Flüe von Familie, Beruf und politischen Ämtern, um eine Wallfahrt zu machen. Sie brachte ihn allerdings nicht weit. Bereits in Liestal kehrte er um und fand seine Bestimmung in einer Schlucht. Sie war nurein paar Hundert Meter von seiner Familie entfernt, sodass er mit ihr verbunden bleiben konnte. In dieser Ranftschlucht lebte er zwanzig Jahre bis zu seinem Tod – in Abgeschiedenheit und der Einswerdung mit Gott. Dabei hatte er einige Visionen, die auch heute noch bekannt sind. Beispielsweise das Bild vom Rad, das einerseits die Vielfalt des Lebens darstellt und andererseits aufzeigt, dass alles auf die Mitte zugeht. «Dieser Gedanke wird auch heute noch in vielen Meditationen aufgenommen, wo man nach der Mitte des eigenen Lebens sucht», so Zürn.

Es sei kein Zufall, dass er die Veranstaltungsreihe über Niklaus von Flüe verantworte, so Zürn. Zwar hätte er seine eigene Berufung als Seelsorger ohne einen solchen Lebensschnitt wie Bruder Klaus gefunden. Aber auch Zürn hat seinen beruflichen Werdegang anders geplant, als er verlief. Weil er sich nach dem Theologiestudium eher in der Jugendarbeit denn in der Kirche sah, studierte er anschliessend noch Pädagogik. «Am Schluss habe ich meine Berufung dann aber doch als Seelsorger in der Kirche gefunden», schmunzelt Zürn. Er sieht sich in dieser Funktion als Begleiter von Menschen und ihren Prozessen. «Ich versuche, ihnen, auch mit religiösen Traditionen, Orientierung zu geben.» Das tat auch Bruder Klaus. Durch seine zurückgezogene Lebensart zog er viele Leute an. Unter anderem reisten auch Politiker zu ihm in die Einsamkeit. Er konnte so auf zerstrittene eidgenössische Stände einwirken.

So weit geht Zürn zwar nicht. Aber er will – mit dem Leben von Bruder Klaus – auch Männer für Religion sensibilisieren. «Denn Mann-Sein bringt man heute nicht in Verbindung mit Religion.» Bewusst beginnt die Veranstaltungsreihe deshalb jeweils am ersten Freitagabend im Monat direkt nach Feierabend. «Als Übergang von der Arbeit zur Freizeit.»

Der erste Anlass findet am 3. Februar statt, um 18.15 Uhr mit einer 20-minütigen «Unterbrechung des Alltags», wie Zürn es nennt. «Ich werde etwas über die Glasscheiben erzählen, die alle eine Vision vonNiklaus von Flüe darstellen.» Um20 Uhr gibt es dann monatliche Vorträge, Gespräche oder Kurse. Am3. Februar spricht die Publizistin und ehemalige Moderatorin der SRF-Sendung «Sternstunde Philosophie» Klara Obermüller über Dorothee, die Frau von Bruder Klaus.

Der Seelsorger will passend zur Hauptperson auch Zeiten der Stille in die Veranstaltungen einbauen. «Weil sie in unserer schnelllebigen Zeit fehlt, ist sie wieder gefragt.» Zürn glaubt, dass man in der Stille mit sich selber und Gott Interessantes, Leises und Vergessenes hören kann, das den eigenen Horizont erweitert oder gar dazu führt, seine eigene Berufung und Ziele zu finden. Schliesslich hofft er, dass die Besucher in den Visionen von Bruder Klaus auch einen Bezug zu sich selbst oder zu ihrem eigenen Alltag finden. Auch er selber hat ein Ziel: Er möchte über jedes Kirchenfenster, das Bruder-Klaus-Visionen zeigt, einen «Youtube-Film» drehen. «Zwar durch ein heutiges Medium, jedoch in seiner Form einen Gegenakzent setzend, weil er so langsam abgespielt wird.»

600 Jahre Bruder Klaus – Veranstaltungen in der katholischen Kirche Killwangen: Freitag, 3. Februar, 18.15–18.35 und 22–22.20 Uhr, spiritueller Impuls mit den Visionsfenstern in der Kirche; 19 Uhr, Gottesdienst, 20 Uhr, Vortrag mit Klara Obermüller zum Thema Dorothee von Flüe und ihre Bedeutung für Bruder Klaus. Infos www.pfarrei-killwangen.ch.

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