Seit Corona floriert ihr Geschäft mit CBD-Hanf
Patrik Turner und Momcilo Obradovic betreiben CBD-Hanfplantagen in Neuenhof und Ennetbaden. In der Pandemie versprechen sich immer mehr Leute Linderung durch ihr preisgekröntes «Helvetic Hemp».
Die Ventilatoren an der Decke surren, das gelbe Licht scheint grell auf die Hanfblüten, die den unverkennbar süsslichen Duft versprühen. Patrik Turner (42) und Momcilo Obradovic (44) stehen zwischen 250 Pflänzchen. Die Raumtemperatur beträgt angenehme 24 Grad. «Wir simulieren, was in der Natur perfekt für das Wachstum wäre», sagt Turner. Die beiden Freunde aus Wettingen und Baden betreiben hier im Keller eines Mehrfamilienhauses in Ennetbaden seit vier Jahren auf 50 Quadratmetern eine CBD-Hanfplantage. Der Aktivkohlefilter sorgt dafür, dass der Duft nicht nach draussen ins Quartier strömt.
Eine weitere, doppelt so grosse Anlage besitzen sie im Industriegebiet in Neuenhof. Dort hegen und pflegen sie Mutterpflanzen, von denen sie bald Stecklinge ziehen werden. Doch zuerst fällt in Ennetbaden noch ein grosses Stück Arbeit an. «Wir stehen kurz vor der Ernte. Am Wochenende werden wir mit Hilfe von Familie und Freunden die Blüten abschneiden. Dafür werden wir wohl acht bis zehn Stunden brauchen», sagt Obradovic.
Abnehmer für den «Helvetic Hemp», so nennen die beiden ihre Blüten und ihr Unternehmen, müssen sie keine suchen. «Die Blüten der 250 Pflanzen sind theoretisch ausverkauft», sagt Turner mit einem breiten Lächeln.
Das Geschäft mit den CBD-Blüten und dem CBD-Öl, das sie ebenso anbieten, floriert seit der Coronapandemie. «Im Herbst erhielten wir massiv viele Anfragen. Unsere Stammkunden konnten wir beliefern, aber die Firmen und CBD-Läden, die gerne bei uns eingekauft hätten, mussten wir enttäuschen», sagt Obradovic.
In Zeiten von Homeoffice, Kindern zuhause im Fernunterricht und den die Krise begleitenden Existenz- und Zukunftsängsten scheint der Wirkstoff Canabidiol (CBD), der in den Hanfpflanzen steckt, ein willkommenes Mittel zu sein, um sich zu entspannen – und das ohne Rausch und völlig legal.
Ihr ältester Kunde ist 88 Jahre alt
«Viele unserer Kunden plagen Schlafstörungen. Sie liegen stundenlang wach im Bett. Mit unseren Produkten gelingt es ihnen, runterzukommen», sagt Turner. Auch dass das Kraut das Kiffer- und Drogen-Klischee langsam überwunden habe und nun als Medizin und Lifestyleprodukt gelte, komme ihnen entgegen, finden die Kollegen. Denn nicht nur 20- bis 40-Jährige setzen auf CBD. «Helvetic Hemp» hat einige ältere Kunden. «Unser ältester Abnehmer ist 88 Jahre alt. Vor allem Seniorinnen und Senioren wenden bei Muskelbeschwerden, Schmerzen, Parkinson oder Weichteilrheuma das Öl an», so Obradovic.
Der zweite Lockdown kurbelte das Geschäft nochmals an. «Im Januar haben wir seit der Firmengründung zum ersten Mal ein stattliches Plus gemacht», sagt Turner und Obradovic fügt an: «In den ersten beiden Monaten dieses Jahres haben wir bereits über die Hälfte des Umsatzes erreicht, den wir bislang in einem Jahr erwirtschafteten.»
Das Ziel, bald ganz vom Hanfanbau und -verkauf zu leben, rückt näher. «Bisher haben wir uns nie einen Lohn auszahlen können. Wir haben die Anlagen einfach kostendeckend betrieben. Wenn etwas mehr Geld reinkam, haben wir in die neue Plantage in Neuenhof investiert», erzählt Obradovic, der wie auch sein Freund zu 100 Prozent in der IT-Branche tätig ist.
Hilfreich für das Vorhaben der beiden ist auch die Auszeichnung, die ihren CBD-Blüten kürzlich zuteilwurde. Am Jack-Herer-Cup, einem renommierten Wettbewerb in Amsterdam, schaffte es ihr bereits in der Schweiz preisgekröntes «Helvetic Hemp» in der Kategorie «Bestes CBD-Produkt» auf den dritten Platz. «Es ist ein schönes Lob für unsere Arbeit und eine Genugtuung», sagt Obradovic. In jedem Webshop würden Anbieter mit guter Qualität werben, doch die werde vielfach nicht geliefert. «Mit diesem Gütesiegel können wir uns davon abheben.»
Marienkäfer helfen bei der Schädlingsbekämpfung
Für die beiden Freunde hat Qualität oberste Priorität. «Wir giessen die Pflänzchen von Hand und verwenden statt Pestizide Marienkäfer zur Schädlingsbekämpfung. Diese helfen als Nützlinge gegen Blattläuse oder Spinnmilben», erklärt Turner. Das merke man ihrem Hanf an. «Nur schade, dass das Bundesamt für Gesundheit bei ihren regelmässigen Kontrollen das nicht überprüft. Es geht nur um den CBD- und den THC-Gehalt», sagt Obradovic. Die Idee wäre, dass Hersteller zusammen ein Label gründen, welches dieses Qualitätsmerkmal bescheinigt. «Das wäre zwar aufwendig, aber ein Vorteil für die Kundinnen und Kunden», finden die beiden.
Der Markt sei lange übersättigt gewesen, weil viele mit dem legalen Hanf das grosse Geschäft witterten. Die Preise fielen in den Keller. Viele kleine und gute Anbieter hätten nicht mithalten können und seien eingegangen. Obradovic und Turner hoffen, dass sich der Markt nun wieder erholt. Sollte der CBD-Boom anhalten, wollen sich die Freunde ein Polster aufbauen, um grösser zu werden. «Unser Traum wäre es, eine grosse Anlage zu eröffnen, damit wir nicht zwischen zwei Standorten hin- und herspringen müssen», sagt Turner. Und vielleicht klopft auch bald ein Investor an, sodass die Leidenschaft endgültig zum Beruf wird.