Sie sorgt für das Mittagessen der Killwangener Schulkinder
Karin Bonhôte-Messikommer organisiert den Mittagstisch «Salz und Pfeffer» mit Herzblut. Selbst ein Rollstuhl hält sie nicht von dieser Aufgabe ab.
Kurz vor zwei Uhr: Im Werkgebäude ist es heute still. Dreimal in der Woche findet hier der Mittagstisch statt. Möglich ist das nur dank Karin Bonhôte-Messikommer: Sie organisiert alles rund um den Mittagstisch «Salz und Pfeffer» in Killwangen.
Die 56-Jährige steht in der leeren Küche im oberen Stock und stützt sich auf ihre beiden Stöcke. Erst seit ein paar Monaten ist es der gebürtigen Killwangenerin wieder möglich zu gehen. «Vor drei Jahren bin ich diese Treppe runtergefallen», sagt Karin Bonhôte-Messikommer und blickt auf die Stufen vor sich.
Sie kam vom Mittagstisch und war im Stress, als das Handy klingelte. «Da habe ich eine Stufe übersehen.» Langsam begibt sich Karin Bonhôte-Messikommer in den Nebenraum. Dort legt sie einen dicken Ordner vor sich auf den Tisch und nimmt Platz.
Diagnose Querschnittslähmung
Nach dem Sturz fuhr Karin Bonhôte-Messikommer noch nach Hause, musste dann aber ins Spital: Ihr Ellenbogen war gebrochen, das Rückenmark verletzt und sie erlitt drei Bandscheibenvorfälle. Eine Operation war unumgänglich.
«Ich dachte damals, ich gehe nach zehn Tagen wieder nach Hause», sagt Karin Bonhôte-Messikommer und blickt nachdenklich auf den Ordner vor sich.
Doch dann der grosse Schock: Nach der Operation hatte Karin Bonhôte-Messikommer kein Gefühl mehr in den Beinen. Als gelernte Krankenschwester wusste sie, was geschehen war – Querschnittslähmung.
Kleine Chance, grosse Hoffnung
Bis Ende letztes Jahr sass Karin Bonhôte-Messikommer somit im Rollstuhl. Weil es sich um eine inkomplette Paraplegie handelte, bestand die Möglichkeit, dass die Killwangenerin wieder gehen würde.
«Die Chance war nicht gross. Trotzdem wusste ich, dass ich wieder gehen werde», sagt Karin Bonhôte-Messikommer. Sie fährt sich durch das kurze rot-blonde Haar und lächelt.
Nach einem längeren Reha-Aufenthalt hat sie es schliesslich geschafft: Seit ein paar Monaten kann sie mithilfe von Stöcken wieder gehen.
Mit dem Rollstuhl an den Mittagstisch
Vom Mittagtisch hielt aber auch der Rollstuhl Karin Bonhôte-Messikommer nicht fern. Sogar im Spital managte sie die Schichten der Helferinnen. «Zum Glück gibt es hier einen Rollstuhlaufzug», sagt Karin Bonhôte-Messikommer und schmunzelt.
Ob zu Fuss oder auf Rädern, bei Notfällen springt die Killwange-nerin immer für den Mittagstisch ein. «Und die Kinder haben den Rollstuhl geliebt: Sie wollten immer auf meinen Schoss sitzen und mit mir durch die Räume flitzen.»
Karin Bonhôte-Messikommer steckt viel Herzblut in ihre Aufgabe. Obwohl sie vor fünf Jahren nur widerwillig die Organisation des Mittagstischs übernommen hat.
«Niemand wollte die Organisation übernehmen, auch ich nicht, denn ich wusste, wie viel Arbeit dahintersteckt.» Doch Karin Bonhôte-Messikommer konnte die Kinder und die Mitarbeiterinnen nicht hängen lassen. Kurzerhand übernahm sie das unbeliebte Amt der Organisatorin.
Ein Helfersyndrom treibt sie voran
Viel Arbeit, fast kein Lohn und wenig Anerkennung: Trotzdem will die Killwangenerin den Job noch nicht hinschmeissen. «Mir steht mein Helfersyndrom im Weg.» So ist die Organisatorin auch stets für die Eltern erreichbar.
«Zum Ärgernis meines Mannes», sagt Karin Bonhôte-Messi-kommer und fährt mit der flachen Hand über den Ordner. Dieser ist ihr grosser Helfer.
Seit sie den Mittagstisch führt, legt sie alle Pläne, Anmeldungen und Menüpläne fein säuberlich ab. «Ich bin ein bisschen eine Perfektionistin.» Da der Mittagstisch nicht selbsttragend ist, übernimmt die Gemeinde eine Defizitgarantie.
Um etwas Geld zu sparen, hat Karin Bonhôte-Messikommer arrangiert, dass das Restaurant Schwyzerhüsli im Dorf das Essen für den Mittagstisch liefert. Das sei günstiger als eine eigene Köchin.
Gemeinde soll Verantwortung übernehmen
Obwohl Karin Bonhôte-Messi-kommer ihre Aufgabe gefällt, ist sie mit der Gesamtsituation unzufrieden. «Der Mittagstisch gehört zu den Tagesstrukturen und sollte von der Gemeinde angeboten werden.» Bislang gehört der Mittagstisch in Killwangen zum Elternverein.
Wird es der engagierten Killwangenerin doch einmal zu viel, wartet zu Hause neben den zwei Teenagersöhnen seit neustem ein Hund auf sie.
«Er ist herzkrank und kann nicht so weit gehen. Niemand wollte ihn. Für mich ist er perfekt, auch um mich zum Gehen zu motivieren», sagt Karin Bonhôte-Messikommer. Ihr Blick wird nachdenklich, dann lacht sie und sagt: «Auch hier sieht man es wieder, ich leide einfach an einem Helfersyndrom.»