Vom Flüchtling zur Buchautorin: Diese beiden Frauen haben ihre Lebensgeschichten festgehalten

Die Killwangenerin Magdolna Keel und die gebürtige Wettingerin Hanna Meister sind beide während der Kriegszeit geboren und haben autobiografische Bücher geschrieben: Jetzt halten sie zusammen eine Lesung.

«Ich bin an meinem 17. Geburtstag aus Ungarn geflüchtet», sagt Magdolna Keel. Nachdenklich blickt sie auf das Buch vor sich: Es ist ihre Autobiografie. Ohne Familie, mit zwei Freunden hat die heute 77-Jährige 1956 ihr Heimatland verlassen.

Es war nach der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstandes durch die Sowjetunion. Die Bevölkerung wehrte sich gegen die kommunistische Regierung. «Ich erinnere mich noch gut, wir haben die Ungaren gefeiert und herzlich willkommen geheissen in der Schweiz», sagt Hanna Meister. Auch sie hat eine Autobiografie verfasst. Die beiden Frauen organisieren am Samstag zusammen eine Lesung.

Sie beide haben am Projekt «Edition Unik» teilgenommen. Dieses unterstützt Menschen beim Schreiben persönlicher Texte. Anschliessend werden diese in einem Buch publiziert. «Aber man hat nur 17 Wochen Zeit», sagt Meister. Doch die beiden Frauen waren motiviert. Und es hat sich gelohnt: Keel und Meister sind seit Mai stolze Buchautorinnen. Seither kennen sich die beiden. «Es war unsere gemeinsame Buchvernissage», erklärt Keel und fügt an: «Ich habe Hanna lesen gehört und war so begeistert, dass ich eine gemeinsame Lesung organisieren wollte.» Meister schmunzelt und nickt.

Was hat die Frauen bewegt, eine Autobiografie zu schreiben? «Mein Mann wollte immer, dass ich meine Geschichte von meiner Flucht festhalte», sagt Keel. Sie lebt mit ihrer Familie in Killwangen und betreibt eine Kunstgalerie im Dorf. Über die Zeitung habe sie vom Projekt «Edition Unik» erfahren. «Das war bei mir ähnlich», sagt Meister. Ihre Enkelin habe sie immer wieder ermutigt, ihre Lebensgeschichte auf Papier zu bringen.

Die 75-Jährige ist in Wettingen aufgewachsen. «Ich war ein Urlaubkind», so Meister. Ihr Vater sei während des Zweiten Weltkriegs an der Grenze gestanden. Sie sei nicht geplant gewesen. «Dieser Umstand hat mich immer beschäftigt», sagt Meister. Sie faltet die Hände und blickt bedächtig auf den gelben Umschlag ihres Buches. «In meinem Buch habe ich das verarbeitet.»

Auch Keel ist während des Zweiten Weltkriegs geboren worden: Das verbinde. So gibt Keels Buch auch Einblick in ihre Kindheit unter dem Kommunismus. «Als ich zur Schule kam, musste ich, wie alle Kinder, den Beruf des Vaters vor dem Krieg angeben», so Keel. Ihr Vater sei selbstständig gewesen. «Das bedeutete, dass eine solche Familie als Staatsfeind galt. Deshalb wäre es mir nicht möglich gewesen, in Ungarn eine höhere Bildung zu machen.» Keel verwirft die Hände in der Luft.

In der Schweiz änderte sich das: Die gebürtige Ungarin studierte an der ETH Architektur. Dort lernte sie auch ihren Mann kennen. Wie aber sieht sie als ehemaliger Flüchtling die heutige Flüchtlingskrise?

«Das ist eine ganz andere Zeit», so Keel. «Wir waren Europäer und Christen, das machte die Integration einfacher.» Auch seien sie sehr willkommen gewesen. Denn der Westen begrüsste den damaligen Aufstand gegen das kommunistische Regime.

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