«Wir sind keine dubiose Kifferhöhle»

Steffi und Tommy Bertolino setzen in ihrem neuen Coffeeshop in Killwangen auf CBD-Hanf und heimeliges Ambiente.

Die Inhaber des Coffeeshops Tommy und Steffi Bertolino. Sibylle Egloff

Die Inhaber des Coffeeshops Tommy und Steffi Bertolino. Sibylle Egloff

Das grüne und gelbe Licht am Ende des Korridors reflektiert sich in den Spiegeln an den Wänden. Dazwischen ranken sich Pflanzen, die von der Decke hängen. Beim Näherkommen ist ein leuchtendes Gesicht zu erkennen, das aus Cannabisblättern geformt ist. «Wir wollten einen Wow-Effekt schaffen, wenn die Gäste unseren Laden betreten. So als befänden sie sich im Dschungel», sagt Steffi Bertolino. Das ist der 36-jährigen Killwangenerin und ihrem Mann Tommy Bertolino (36) gelungen. Dass ihr «Buds Coffeeshop» in einem kahlen Industriegebäude beim Bahnhof Killwangen-Spreitenbach zu Hause ist, ist bei diesem Anblick schnell vergessen.

Und auch sonst überrascht das Paar in seinem seit Mitte März eröffneten Geschäft. Dass sich hier alles ums Kiffen und Hanf aus Cannabidiol (CBD) dreht, ist schwer vorstellbar. Das Ambiente verspricht etwas anderes. «Wir sind keine verrauchte und dubiose Kifferhöhle, wie man sie vielleicht aus Amsterdam kennt», sagt Tommy Bertolino. Er wolle seinen Gästen ein heimeliges Gefühl vermitteln. «Bei uns soll sich jede und jeder wohl und willkommen fühlen und eine gute Zeit verbringen.»

Davon zeugen die vielen Bildschirme, auf denen Sportevents nach Wunsch gezeigt werden, oder die digitalen Spieltische. «Während der Fussball-EM werden wir Public Viewings veranstalten», verrät Tommy Bertolino. Zudem kann er sich auch vorstellen, Livemusik-Anlässe zu organisieren. «Unser Sohn Leandro ist als Nachwuchsrapper L.A.B bekannt und wurde kürzlich mit dem ‹Kleinen Prix Walo› ausgezeichnet. Er könnte hier auftreten.»

Traum geht in Erfüllung

Tommy Bertolino ist seit seiner Jugend ein bekennender Kiffer. Das Rauchen ist für ihn ein Genuss. Es habe ihm aber auch dabei geholfen, seine Schmerzen nach einer Sportverletzung und zehn darauffolgenden Knieoperationen zu lindern. «Mit diesem Coffeeshop geht ein Traum für mich in Erfüllung», sagt der Wettinger und zeigt auf das Cannabissortiment, das er von einem Produzenten in Thun bezieht. Zum Angebot gehört auch jegliches Kiff-Zubehör wie etwa Filter oder Papes. «Ich kenne Tommy schon seit elf Jahren und er hat bereits damals von seinem Wunsch gesprochen», erzählt seine Frau. Als das Lokal, das bereits davor für kurze Zeit als Coffeeshop fungierte, frei wurde, packte Bertolino deshalb die Chance.

Allein stemmen muss er das Geschäft aber nicht. Steffi Bertolino unterstützt ihren Gatten mit ihrem Kochtalent und liefert die Verpflegung für die Gäste – kiffen macht bekanntlich hungrig. Stärken kann man sich mit einem getoasteten Ciabatta mit Käse und Pulled Beef oder Chili con Carne. Zum Dessert gibt es Tiramisu, Karamell- oder Nutella-Cheesecake. Erhältlich sind zudem auch besondere Süssgetränke wie Fanta aus China oder Japan, verschiedene Red-Bull-Sorten oder amerikanische Süssigkeiten.

Frühere Fussballjunioren zu Gast

Alles auf eine Karte zu setzen, scheint die richtige Entscheidung gewesen zu sein. «Der Ansturm vor allem am Anfang war gross. Ich musste sogar Leute nach Hause schicken, weil wir so pumpenvoll waren», erzählt Tommy Bertolino. Er freut sich, dass der Coffeeshop Anklang findet. «Ehemalige Fussballjunioren, die ich beim FC Neuenhof vor zehn Jahren trainierte, waren schon bei uns zu Gast. Es ist schön, dass sie sich an mich erinnern und vorbeikommen. Manche habe ich als bärtige Erwachsene kaum mehr wiedererkannt», sagt er und lacht.

Auch einige Killwangenerinnen und Killwangener hätten bereits den Weg zu ihnen an die Würenloserstrasse 1 gefunden. Aus Dietikon, Wettingen oder sogar aus dem Kanton Schwyz seien bereits Gäste angereist. «Der Standort am Bahnhof und an der neuen Limmattalbahn-Strecke ist ideal.» Überdies gebe es aufgrund der abgeschiedenen Lage im Industriegebiet keine Reklamationen bezüglich Lärm oder Geruch.

Das Alter der Gäste ist durchmischt. «Es kommen junge Leute um die 20, aber auch 40-Jährige oder Personen, die der Generation unserer Eltern angehören. Das ist toll», sagt Tommy Bertolino. Schön findet er auch, dass stets gute Stimmung im Coffeeshop herrscht und diese noch nie gekippt sei, auch wenn beispielsweise Anhänger konkurrenzierender Fussballteams zu Gast gewesen seien.

Sie hoffen auf Legalisierung

Die Bertolinos hoffen nun, dass der Coffeeshop auch weiterhin so gut läuft. «Wir haben den Laden mit dem Hintergedanken eröffnet, dass die Schweiz dem Beispiel Deutschlands folgt und bald auch Cannabis mit einem höheren THC-Gehalt legalisiert», sagt Tommy Bertolino. Wenn dies so weit ist, möchte er seinen eigenen Hanf anbauen und im Coffeeshop verkaufen. Überdies hat er die Absicht, weitere Coffeeshops zu eröffnen. Es trifft sich also gut, dass die Bertolinos ihrem Coffeeshop den Namen «Buds» gegeben haben. So heisst die Cannabisblüte auf Englisch.

Seit sieben Jahren ist CBD-Konsum legal

Der Konsum von Cannabis mit einem Tetrahydrocannabinol (THC)-Gehalt von mindestens 1 % ist in der Schweiz grundsätzlich verboten. Seit 2013 kann der Konsum von Cannabis durch erwachsene Personen mit einer Ordnungsbusse von 100 Franken bestraft werden. Der Besitz von bis zu 10 Gramm Cannabis für den eigenen Konsum ist dagegen nicht strafbar. Für Minderjährige gilt das Jugendstrafrecht.

Cannabisblüten, die zum Rauchen bestimmt sind und die einen hohen Anteil an Cannabidiol (CBD) und weniger als 1 % THC aufweisen, können seit 2017 legal verkauft und erworben werden. CBD steht für Cannabidiol und ist neben THC das wichtigste in Cannabis enthaltene Cannabinoid. Während THC für die berauschende Wirkung von Cannabis verantwortlich ist, hat CBD keine psychotrope Wirkung und wird entsprechend nicht durch das Betäubungsmittelgesetz erfasst. (ihk)

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