Zusammenarbeit statt Fusion
Das Nein des Killwangener Souveräns zur Ausarbeitung eines Zusammenschlussvertrags macht deutlich: Die Limmatwelle-Gemeinden wollen im Moment lieber zusammenarbeiten als fusionieren.
Es herrscht Eiszeit für Gemeindezusammenschlüsse im aargauischen Limmattal. Die definitive Beendigung des Fusionsprojekts von Spreitenbach und Killwangen an der Urne zeigt, dass die Region nach dem Nein zur Fusion zwischen Baden und Neuenhof vor bald sechs Jahren auch heute lieber zusammenarbeiten als fusionieren will.
Der Knockout erfolgte am 13. Juni 2010, als die Badener Stimmbürger den Zusammenschluss mit Neuenhof – was niemand erwartet hatte – hauchdünn ablehnten. Dies, nachdem der Einwohnerrat Baden mit 45 zu 4 Stimmen der Fusion ebenso deutlich zugestimmt hatte wie die Neuenhofer mit 93 Prozent! Und dann dies: Bei einer Stimmbeteiligung von 44 Prozent waren in der Volksabstimmung 2396 Badener für einen Zusammenschluss, 2443 dagegen. Hätten also nur 24 Personen anders gestimmt, wären Baden und Neuenhof heute eine Gemeinde. Der Schock sass tief.
In der Folge flackerte der Fusionsgedanke hier und dort immer wieder auf, jedoch ohne dass es dazu kommt. Bereits wenige Tage nach der Abstimmung wurde eine Volksinitiative angekündigt, die aber nie zustande kam. Fünf Jahre später wird der Verein Traktandum 1 gegründet. Vereinsziel ist, die Zusammenarbeit unter den Gemeinden der Region Baden-Wettingen zu stärken. Längerfristiges Ziel ist die Bildung einer Regionalstadt über Gemeindezusammenschlüsse. Doch schon an der ersten Generalversammlung im März 2016 (Anm. d. Red.: Die Limmatwelle berichtete darüber in der Ausgabe 10/16) zeigt sich: Die Basis ist nicht breit genug, die Jungen fehlen.
Auch in Ennetbaden wird das Thema Fusion mit Baden nach dem Volks-Nein an der Gemeindeversammlung im Juni 2015 wieder abgebrochen.
In Neuenhof steckte man den Kopf nach dem Nein der Stadt Baden nicht in den Sand, sondern griff zur «Strategie vorwärts», um sich für die Zukunft zu rüsten. Die Strategie beinhaltete ein räumliches Gesamtkonzept mit der Revision der Bau- und Nutzungsordnung, den Ausbau des Standortmarketings, eine Schulraumplanung, den Landverkauf Quer und eine Steuerfusssenkung. Mittlerweile hat man dies umgesetzt, ist noch dran oder hat es – im Falle des Steuerfusses – wieder rückgängig gemacht. «In dieser Legislatur wird man – auch aufgrund des neuen Finanz- und Lastenausgleichs – keine Gespräche zu Fusionsverhandlungen führen», sagt die Neuenhofer Gemeindepräsidentin Susanne Voser.
Nicht nur Killwangen hat sich am Wochenende mit einer Zweidrittelmehrheit klar zur Zusammenarbeit und gegen Fusion geäussert, sondern auch andere Gemeinden. Der Wettinger Einwohnerrat Alain Burger (SP) forderte in einer Motion im Juni 2014 dazu auf, den Zusammenschluss mit der Stadt Baden und weiteren Gemeinden zu einer Regionalstadt zu prüfen. Der Rat lehnte die Motion im Januar 2016 mit 34 zu 10 Stimmen ab und folgte der gemeinderätlichen Begründung, dass die Intensivierung der regionalen Zusammenarbeit Vorrang vor dem Fusionieren hätte.
Tatsächlich wird heute in der Region viel zusammengearbeitet: Im Bereich Regionalpolizei, Zivilschutz und Bevölkerungsschutz erfüllen die Limmatwelle-Gemeinden heute gemeinsam Verbundsaufgaben. Erfolgreich wird auch mit dem im Jahr 2014 lancierten gemeinsamen regionalen Zivilstandsamt zusammengearbeitet. In Neuenhof und Wettingen hat man auch bei der Spitex und der Bezirks- und Musikschule zusammengespannt. Auch im Bereich Schulsozialarbeit, Wasserversorgung oder Forstbetrieb arbeiten diverse Nachbarsgemeinden gut zusammen. «Die Zeit ist nicht reif für Fusionen oder Zusammenschlüsse. Über kurz oder lang wird es aber dazu kommen. Ob das dann freiwillig geschieht oder unter grösserem Druck, das kann ich nichtsagen», so der Spreitenbacher Gemeindepräsident Vali Schmid.