Das Leben spielerisch betrachten

Nadine Tanner ist seit ihrer Kindheit kreativ. An der Swissartexpo im Hauptbahnhof Zürich stellt die Neuenhoferin erstmals fünf ihrer Gemälde in der Öffentlichkeit aus. Das Besondere: Sie gibt visuell und akustisch Einblick in ihre Fantasiewelt.

Nadine Tanner alias «NadiTa» mit einem ihrer Werke, die sie an der Swissartexpo in Zürich ausstellt.Ursula Burgherr

Rund 40 Ölgemälde hängen an den Wänden in ihrer Wohnung in Neuenhof. In einer Serie von Porträts hat «NadiTa», wie sich die Künstlerin nennt, Originale alter Meister wie Da Vinci, Rubens oder Rembrandt kopiert und malt auf Wunsch andere Gesichter hinein. Eine Spielerei mit Hintergedanken: «Jede Frau ist für mich auf ihre Art eine Mona Lisa», sagt die 39-Jährige und lächelt geheimnisvoll.

Die meisten ihrer Bildwelten, für die sie oft Hundert Stunden und mehr aufwendet, muten mystisch und fantasievoll an. Ihr Werk «Aquacosmos» stellt eine riesige Krake dar, die auf einer leuchtenden Sonne sitzt und in ihren Tentakeln Planeten gefangen hält. Über den Entstehungsprozess und die tiefgründigen philosophischen Gedanken zur menschlichen Evolution, die sie sich dazu gemacht hat, erzählt sie auf ihrem Youtube-Kanal by_nadita. Und macht das Exponat, das sie auch an der Swissartexpo in der Bahnhofshalle des HB Zürich ausstellt, damit nicht nur sicht-, sondern auch hörbar. «Es heisst ja oft, ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Aber das ist bei weitem nicht immer so. Hin und wieder sagt es kein Sterbenswörtchen. Deshalb nehme ich den Betrachtenden sowohl visuell als auch akustisch auf eine Fantasiereise in meine Welt mit.»

Sie stellt in Zürich mit 110 Kunstschaffenden aus

Sie wird am Grossevent mit über 110 Kunstschaffenden fünf ihrer Malereien zeigen. Mit einer Ausnahme sind es aus versicherungstechnischen Gründen alles Kunstdrucke, die sie in kleiner Auflage herstellt und zu erschwinglichen Preisen verkauft.

Ihren Stil bezeichnet Nadine Tanner als «fantastischen Realismus». Obwohl die Fantasy-Elemente darin überwiegen, recherchiert sie im Vorfeld stundenlang, damit die Geschichten zu ihren Bildern Hand und Fuss haben. Beim Gespräch zur Wahl ihrer Motive wie dem wilden Schöpfungsmythos «Eds Werkstatt» beeindruckt ihr grosses Wissen über physikalische Vorgänge, Anatomie, Astronomie, Geschichte und Literatur. «Mich interessiert einfach alles, was das Menschsein ausmacht», sagt sie dazu und bezeichnet sich als Träumerin mit starkem Realitätssinn.

Abenteuerlustig ist sie nicht nur in ihren Bildern, sondern auch im wahren Leben. Sie erkundet auf Reisen gerne die Welt und geht ab und zu mit ihrer Hängematte in den Wald, um dort zu übernachten. Ihre Kindheit in Wattwil (SG) und später im Appenzellerland bezeichnet die Fast-Vierzigerin als glücklich. Sie ist offen und neugierig und strahlt gleichzeitig eine tiefe innere Ruhe und ein natürliches Selbstbewusstsein aus. «Ich habe angefangen zu zeichnen und zu malen, sobald ich einen Stift halten konnte», erzählt sie im Rückblick.

Das Leben aus einem anderen Blickwinkel betrachten

Kreativ zu sein, ist für Tanner seit jeher eine Lebensnotwendigkeit. Etwas mit eigenen Händen zu erschaffen, ist ihr Lebenselixier. Deshalb besuchte sie als junge Frau einen gestalterischen Vorkurs und erlernte danach einen handwerklichen Beruf, in dem Kreativität gefragt ist. Auf diesem Beruf arbeitet sie bis heute, und er bereitet ihr viel Freude. «Malen werde ich aber mein ganzes Leben lang», sagt die Künstlerin. Ihre Passion steht dabei im Vordergrund. Ob sie damit erfolgreich sein wird oder nicht, spielt eine untergeordnete Rolle. Die Ausstellung im Zürcher Hauptbahnhof ist der erste öffentliche Event, an dem sie ihr Schaffen präsentiert.

Ihr Können hat sie sich audiodidaktisch beigebracht. Inspirationen für ihre Bilder findet «NadiTa» überall: «Das kann ein blosser Wasserfleck auf dem Tisch sein, in dem sich das Licht spiegelt und ihn wie eine Flamme aufleuchten lässt. Plötzlich blitzt in mir die Idee von vier Elementen auf, die miteinander tanzen.» Wenn sie ihre spontane Eingebung dann auf die Leinwand bringt und wochenlang daran malt, entwickeln sich daraus oft ganze Universen. Es sind einladende, liebe- und humorvolle Welten, in die sie ihr Publikum auch an der Swissart­expo in Zürich eintauchen lassen möchte. «Wenn ich mit meinen Hörbildern einen kleinen Anstoss dazu geben kann, das Leben einmal spielerisch aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, bin ich glücklich», bekundet sie. Mit ihren Exponaten an der Swissartexpo will sie Besucherinnen und Besucher inspirieren und ihnen eine Freude machen. Nicht mehr und nicht weniger.

Swissartexpo in der Eventhalle des Hauptbahnhofs Zürich bis am 25. August, Eintritt frei. 22./23.8., 9–21 Uhr, 24.8., 9–18 Uhr und 25.8., 9–19 Uhr.

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