Mit dem, was sie hat, ist sie zufrieden
Am 5. Mai durfte Friedel Holliger aus Neuenhof ihren 100. Geburtstag feiern. Die Jubilarin ist absolut rüstig und lebt noch in der eigenen Wohnung.
«Nach Neuenhof zu ziehen und später meinen zweiten Mann Fritz Holliger zu heiraten, war das Beste, was mir im Leben passieren konnte», sagt Friedel Holliger aus Neuenhof, die am 5. Mai ihren 100. Geburtstag feiern durfte. Und dies, obwohl sie einst behauptete «in Neuenhof möchte ich nicht mal tot sein». Aufgewachsen ist die 100-Jährige im Thurgau. Sie wäre gerne Kindergärtnerin geworden, doch die Finanzen ihrer Eltern reichten nicht für eine solche Ausbildung. Nach einem Haushaltungslehrjahr im Welschland und Stellen als Haushaltsangestellte heiratete sie. Mit ihrem Mann bewirtschaftete sie ein Rebgut. Vier Kinder entsprangen dieser Ehe, zwei Söhne und zwei Töchter. Tochter Annegret ist leider 2001 verstorben, Tochter Käthi lebt in Portugal. Die beiden Söhne Peter und Heiner wohnen nach wie vor im Thurgau. Ihr zweiter Ehemann, ein Neuenhofer, brachte zwei erwachsene Kinder mit in die Ehe. «Meiner Stieftochter Hanni und ihrem Mann André möchte ich an dieser Stelle ein Kränzchen winden – sie kümmern sich liebevoll um mich», betont die rüstige 100-Jährige. Mit Hanni werden die grossen Einkäufe erledigt und alles andere, was ansteht. Im Haushalt geht Friedel Holliger eine Putzfee zu Hilfe. «Die Küche und das Bad putze ich jedoch immer noch selber», betont die Seniorin. Und auch Kochen steht täglich auf dem Programm. «Einfache Sachen wie etwa einen Eintopf oder ein Hackfleischsteak», sagt sie. Obwohl Friedel Holliger nicht mehr gut sieht und schlecht hört, hat sie ihre Lebensfreude nicht verloren. Im Gegenteil. Sie strahlt beim Interview übers ganze Gesicht. Kein Zeichen von Verbitterung oder Wehmut. So erstaunt es denn nicht, dass sie sich fürs neue Lebensjahr nichts wünscht, wunschlos glücklich ist. «Früher dachte ich immer, eine Reise nach Wien oder Paris wäre schön», erinnert sie sich. «Heute könnte mir jemand eine Villa mit allem Drum und Dran hinstellen – ich würde sie nicht wollen.» Mit dem, was sie hat, ist sie mehr als zufrieden. Die Nachbarschaft und ganz allgemein das Quartier seien ihr wohlgesonnen. Im Lebensmittelgeschäft kennt man sie mit Namen, freut sich über ihren Besuch, hat sie doch für alle ein freundliches Wort. Und einmal im Monat schaut die Katechetin Susi Streichenberg vorbei. Sie feiert mit Friedel Holliger das Abendmahl, liest ihr Bücher oder Bibelverse vor. «Im Gottesdienst versteh ich nicht alles. Umso mehr freue mich über ihren Besuch.»
Gibt es ein Rezept, um fit und glücklich 100 Jahre alt zu werden? Friedel Holliger: «Ich habe immer viel Früchte und Gemüse gegessen, Schoggi nur mit Mass. Zudem habe ich für ausreichenden Schlaf und viel Bewegung gesorgt.» Noch bis vor ein paar Monaten war sie aktiv im Seniorenturnen «Turnen Light» mit von der Partie und hat leichte Wanderungen des SAC Lägern «DOWA» begleitet. Inzwischen nimmt sie nur noch am gemütlichen Teil der Vereinsanlässe teil. Auch beim Trachtenverein, den sie einst sogar als Präsidentin leitete. Und – die rüstige Seniorin interessiert sich nach wie vor dafür, was in der Welt passiert. «Die Asylsuchenden aus Syrien, die in Italien stranden, liegen mir sehr am Herzen. Ich werde so lange keinen Wein mehr trinken, bis für diese Menschen eine gute Lösung gefunden wurde», unterstreicht sie ihren Beitrag zur Menschlichkeit. Es wäre schön, wenn mehr Menschen so denken und handeln würden, wie die 100-jährige Friedel Holliger aus Neuenhof.