Ein Ständchen zum 104. Geburtstag

Es wurde gesungen und gelacht, als Andrée von Allmen im Alters- und Pflegeheim Senevita vor einer Woche ihren 104. Geburtstag feierte. Dort ist sie die älteste Bewohnerin – nicht so in Spreitenbach; eine Frau ist ein Jahr älter.

Andrée von Allmen an ihrem 104. Geburtstag vor einer Woche. Ian Stewart

Vor einer Woche feierte Andrée von Allmen ihren 104. Geburtstag – und bekam Besuch vom Männerchor Würenlos. Unter den zehn Sängern ist auch ihr Sohn René, der ihr damit eine Freude bereiten wollte. «Sie ist ein grosser Musikfan und besuchte bis vor zwei Jahren regelmässig unsere Konzerte.» Neben ein paar deutschen Liedern wurde vor allem französisch und italienisch gesungen. Das über 100-jährige Volkslied «Le Vieux Chalet» war eines davon. «Das kennt meine Mutter von früher.»

Die 104-Jährige ist nämlich mit ihrem jüngeren Bruder im Welschland aufgewachsen, Französisch ist ihre Muttersprache. Geboren wurde Andrée von Allmen in Versoix im Kanton Genf. Als Kind und Jugendliche half sie im elterlichen Molkereibetrieb mit und lernte im Laden ihrer Eltern Hans von Allmen kennen, der einen Sprachaufenthalt machte. Mit 25 Jahren heiratete sie ihn und zog in seine Heimat nach Lauterbrunnen. «Gegensätzlicher hätten die beiden Orte nicht sein können», sagt Sohn René von Allmen, der lachend erzählt, dass der Röstigraben innerhalb der Familie omnipräsent gewesen sei. «Sie war die erste Frau im Dorf mit roten Fingernägeln – das war damals etwas ganz Exotisches. Ihre weltoffene und unkomplizierte Genfer Mentalität kam im Berner Oberland nicht bei allen gut an. Sie hatte Mühe, sich am neuen Ort zurechtzufinden.»

Der Röstigraben

Noch heute sehne sie sich manchmal zurück: «Sie sagt, sie wolle nach Versoix, wo sie noch viele Leute kenne. Und realisiert nicht, dass ihre alten Freunde mittlerweile gestorben sind», sagt ihr 77-jähriger Sohn nachdenklich und fügt an: «Altwerden ist nicht einfach.»

Auch wenn seine Mutter für ihr Alter noch fit und das Sehvermögen einwandfrei sei. Einzig das Gehör ist geschwächt, sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen und nicht mehr mobil. Deshalb überraschte der Männerchor sie im Senevita, worüber sich auch ihre Mitbewohnerinnen und -bewohner freuten. Sie alle sind jünger, trotzdem ist sie in Spreitenbach nicht die älteste Einwohnerin: Eine Frau hat Jahrgang 1920 und wird im Dezember 105 Jahre alt.

Nach Sturz und Spitalaufenthalt endete Selbstständigkeit

Bis vor vier Jahren lebte sie allein in einer Wohnung in Unterseen bei Interlaken. Ein Sturz und ein Spitalaufenthalt verhinderten die Rückkehr. Sie zog ins Alters- und Pflegeheim in Spreitenbach, in die Nähe ihres noch einzigen Sohnes. Der zweitgeborene Sohn Jacques starb als Zehnjähriger wegen eines Defekts der Bauchspeicheldrüse, ein Tiefpunkt im Leben der 104-Jährigen.

Umso mehr kümmert sich Sohn René von Allmen mit seiner Frau um die betagte Mutter. Er hat vor Jahrzehnten ebenfalls der Liebe wegen seine Heimat verlassen, von Bern Richtung Limmattal – ohne Röstigraben dazwischen. Was sich die Familie für Andrée wünscht? «Dass sie nie an Maschinen im Spital hängen muss», sagt ihr Sohn, der das Personal rühmt: «Hut ab – ihre Arbeit wird zu wenig ästimiert.»

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