Sven Imboden sagt Adé: Der Kommandant geht nach 31 Jahren

Noch 14 Tage und dann ist Schluss: Sven Imboden hat als Kommandant der Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen viel erlebt.

Sven Imboden vor der fast 120-jährigen Handdruckspritze im Magazin der Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen.Gaby Kost
Sven Imboden vor der fast 120-jährigen Handdruckspritze im Magazin der Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen.Gaby Kost

Samstag kurz nach dem Mittag. Sven Imboden ist im Büro des Feuerwehrlokals und bereitet seine letzten beiden öffentlichen Auftritte als Feuerwehrkommandant vor: die Pikettversammlung am 7. und 8. Dezember. Dazwischen nimmt er sich Zeit für ein Interview für die Limmatwelle.

Wie schwer fällt ihm der Abschied nach 31 Jahren bei der Feuerwehr? «Anfang Jahr hatte ich beim Gedanken an den Abschied Mühe», sagt er, hält kurz inne und fügt an: «Doch jetzt bin ich so weit, jetzt kann ich loslassen.» Schliesslich sei es sein eigener Wunsch gewesen, mit fünfzig das Amt abzugeben. Einen Teil der operativen Geschäfte hat er bereits seinem Vize und Nachfolger Daniel Wiederkehr übergeben. «Doch noch bin ich verantwortlich. Und zwar bis und mit 31. Dezember.» Dann übernehmen Jüngere. «Das ist gut so. Es braucht von Zeit zu Zeit neuen Wind. Auch ich habe bei der Übernahme viel erneuert.»

Für den neuen Kommandanten wünscht er sich mehr administrative Unterstützung. Deshalb hat er sich für die Schaffung einer entsprechenden Stabstelle für die Feuerwehr eingesetzt. Am Dienstag wurde dem Antrag an der Gemeindeversammlung zugestimmt. Pro Jahr kamen zu den 80 bis 120 Einsätzen rund 500 bis 600 Stunden Büroarbeit für Imboden hinzu. Und das neben seinem 100-Prozent-Job als Verkaufssachbearbeiter in der Stahlbranche und die letzten drei Jahre als technischer Leiter eines Grossbetriebs. Viel Zeit für sich selbst, seine Partnerin oder Freundschaften blieb daneben nicht. Imboden freut sich darauf, im neuen Jahr mehr Zeit dafür zu haben. «Und hin und wieder ein Rock-Konzert besuchen, Wanderausflüge in die Berge machen, hoffentlich bald die geplante Kanadareise antreten und Freunde bekochen.»

In der Feuerwehr sind viele Freundschaften entstanden

Freunde, die er grösstenteils in der Feuerwehr gefunden oder dort die Freundschaften gefestigt hat. «Während der Einsätze müssen wir aufeinander zählen, einander vertrauen können. Das schweisst zusammen.» Gerade auch bei belastenden Einsätzen mit Verletzten oder Toten.

Der Gesichtsausdruck von Sven Imboden wird ernst, als er von den zwei schwierigsten Einsätzen in diesem Jahr spricht: dem Brand im Pflege- und Wohnheim Senevita und dem Liftunfall in einem Mehrfamilienhaus mit je einem Todesopfer. «Solche Bilder vergisst man nie mehr.» Seine Aufgabe als Kommandant sei es, die Feuerwehrleute so gut wie möglich davor zu schützen und möglichst wenige von ihnen diesen Bildern auszusetzen. Im Falle des Liftunfalls haben zwei Männer die Bergung übernommen, die auch in der Berufsfeuerwehr arbeiten und Erfahrung im Umgang mit so schwierigen Situationen haben.

Welche Bilder vergisst er selbst nie? «Ich sehe heute noch den grünen Flip-Flop des kleinen Buben auf dem Boden liegen, der auf der Strasse aus dem Auto fiel und noch auf der Unfallstelle verstarb.» Überhaupt sei es schwierig, wenn Kinder involviert seien, sagt Imboden, der selbst keine Kinder hat. Bei der Verarbeitung solcher Erlebnisse hilft Imboden das Debriefing und das Gespräch mit den Feuerwehrkameraden und der Partnerin. Sein Fazit: «Man darf mitfühlen, aber nicht mitleiden.» Wenn das einem Feuerwehrmann nicht gelingt, kann er Unterstützung bei einem sogenannten Peer holen, einem psychologisch ausgebildeten Feuerwehrangehörigen eines anderen Korps.

1500 Einsätze und 1000 Übungen in 31 Dienstjahren bei der Feuerwehr

Vielleicht sei dieser starke Zusammenhalt der Grund, dass in den letzten Jahren nie jemand zum Feuerwehrdienst gezwungen werden musste. Auch wenn der finanzielle Reiz mit einem Sold von 30 Franken pro Einsatzstunde nicht besonders hoch sei. «Wir haben auch wenig Fluktuation, darauf bin ich stolz», sagt Imboden.

Weniger stolz ist er auf eine Übung, die vor 12 Jahren zu einem grösseren Brand führte. Heute kann er darüber lachen. «Damals war ich einfach nur froh, dass weder Mensch noch Umwelt gefährdet waren.»

Nach knapp 1500 Einsätzen und 1000 Übungen, 77 Weiterbildungstagen und 31 Dienstjahren zieht Imboden ein positives Fazit: «Ich habe viel gelernt, das ich auch beruflich nutzen kann. Und umgekehrt war meine Führungserfahrung auch in der Feuerwehr nützlich.»

Mit einem grossen Fest hätte er sich von seinen Feuerwehrkameraden, den Weggefährten und der Bevölkerung als Kommandant verabschieden wollen. Aufgrund der Pandemie konnten sowohl die Hauptübung als auch das Abschiedsfest nicht durchgeführt werden. Mit einer Überraschung anlässlich der Alarmübung haben sich die Kameraden trotzdem dankend von ihm verabschiedet (die Limmatwelle berichtete). Mit einem Theater wurde er nochmals daran erinnert, wie vor über 30 Jahren alles begann. Damals, als er mit Kollegen das Guggefestival im Tivoli besuchte und von einem Feuerwehrmann auf das Mitmachen in der Feuerwehr angesprochen wurde. «Wenn du uns eine Runde Bier spendierst, kommen wir alle, habe ich vorwitzig geantwortet», erinnert sich Imboden zurück. Der Feuerwehrmann zahlte sogar zwei Runden und der «Vertrag» wurde auf einem Bierdeckel besiegelt. Die Grosszügigkeit hat sich allemal gelohnt.

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