Auch im Kloster Fahr trifft man sich zum Urnengang

Bei jedem Urnengang schafft die Gemeinde eine Wahlurne zum Kloster Fahr.

Die Schwestern des Klosters Fahr geben ihre Stimme ab. Foto: lmu
Die Schwestern des Klosters Fahr geben ihre Stimme ab. Foto: lmu

Am Wochenende wählten die Würenloserinnen und Würenloser ihren Gemeinde- und Vizeammann. Auch im Kloster Fahr, das verwaltungsmässig der Gemeinde Würenlos unterstellt ist, wurde traditionsgemäss eine Wahlurne aufgestellt. Doch eigentlich stand nicht die Wahl im Vordergrund, sondern Geselligkeit, Kontaktpflege sowie das Zelebrieren eines demokratischen Aktes.

Der Anteil der brieflich abgegebenen Stimmen liegt in Würenlos bei durchschnittlich 95 Prozent. Das wissen auch die Mitschwestern des Klosters Fahr, die drei treuen Kloster-Fahr-Urnengänger, die anlässlich des Artikels organisierten Würenloser und Gemeindeschreiber Daniel Huggler. Dass bei jeder Wahl oder Volksabstimmung eine Wahlurne zum Kloster gebracht wird, sei in diesem Sinne keine Notwendigkeit. Doch – und da sprechen sie wieder mit einer Stimme – es sei einfach ein spezielles Ereignis.

Als es am vergangenen Freitag im Fahr zu besagtem Ereignis gekommen ist, hat eigentlich keiner der Anwesenden genau gewusst, wie und weshalb es zur Tradition wurde, dass an jedem Abstimmungs- und Wahlwochenende die Urne jeweils exakt 15 Minuten auch weitab des Wahlbüros geöffnet ist.

Bis 1960 wurden die Stimmen der wenigen männlichen Bewohner des Klosters, zu dem auch Gast- und Gutshof gehören, eingesammelt und auf abenteuerliche Weise zur Gemeindekanzlei Würenlos gefahren. Leider war die Versuchung offenbar zu gross: Man entdeckte bei einer Bezirkswahl einen Betrug. Um weiterem widerrechtlichem Handeln zuvorzukommen, wurde in der Folge mündlich vereinbart, dass eine Urne zum Kloster gefahren wird. Im Laufe der Zeit, in offiziellen Dokumenten wurde dies nicht festgehalten, kam es zu einer «Urnenöffnungszeit» im Kloster Fahr – besagte Viertelstunde am Freitagabend. Spätestens mit der Einführung des Frauenstimmrechts 1971 wäre dies ohnehin notwendig geworden.

Doch wie nennt sich diese Art der Urne? Das bereitete 2000 den Gemeindevorstehern von Würenlos einiges Kopfzerbrechen. Handelt es sich um eine Wanderurne? Falls ja, wäre sie ab Mai 2000 Geschichte gewesen, als der Aargauer Souverän beschlossen hatte, dass mobile Urnen nicht mehr zeitgemäss und deshalb abzuschaffen seien. Die Presse sprach bereits vom letzten Urnengang (AZ vom 23. Mai 2000). Doch es sollte anders kommen. Der Gemeinderat forderte auf kantonaler Ebene juristische Hilfe an. Die Antwort lautete, dass es sich bei der Urne im Fahr nicht um eine Wanderurne, sondern um ein «spezielles Wahl- und Abstimmungslokal an einem fixen Ort» handle. Man konnte aufatmen. Und die Urne wird seither unter den wachsamen Augen zweier Personen aus dem Wahlbüro sowie dem Gemeindeschreiber zum Kloster gefahren.

Doch die Urne wird nicht allein für die Benediktinerinnen aufgestellt. Sie ist auch weltlichen Stimmberechtigten zugänglich. Davon Gebrauch machen wenige. Es seien lediglich drei Personen, die regelmässig zum Kloster fahren würden, um dort ihre Stimme abzugeben, sagt Priorin Irene, bevor es an die Pforte klopft und eine Traube Menschen hereindrängt, eigens angereist, damit diese Zeilen geschrieben werden. Es ist Viertel nach acht und plötzlich ist Leben in den um diese Zeit sonst schon stillen Mauern des Klosters. Die Stimmung unter den Hereingekommenen ist feierlich-ausgelassen, man weiss offenbar nicht genau, wie man sich verhalten soll. Doch die Priorin heisst alle freudestrahlend willkommen. Nur einer weiss sowieso, wie es läuft. Es ist Arnold Ernst, der zusammen mit dem befreundeten Ehepaar Kieser dieses Ritual zwei- bis dreimal jährlich durchspielt. Es sei eine wahre Freude, betont er mehrmals, und erinnert sich an damals, als die Urne beim Kloster aufgestellt worden ist. Er und seine Frau hätten dies immer mit einem Nachtessen im Restaurant «Zu den Zwei Raben» verbunden. Was für freudiges Ereignis sei das immer gewesen.

Ein Ereignis, eine Tradition, ein Ritual. Für die Schwestern ist ein solcher Abend ebenfalls etwas Besonderes. Denn nach dem Abendgebet, der Komplet, gilt normalerweise das Schweigegebot. «Doch da die Urne nach der Komplet gebracht wird, setzen wir uns jeweils noch zusammen, plaudern und warten, bis wir an der Reihe sind», so Priorin Irene. Das sei wie damals, als sie ein Kind gewesen war: «Man ging in die Kirche, gab danach seine Stimme ab und ist am Ende noch im Gasthof eingekehrt», erinnert sie sich. Bereits haben alle Gast-Wählerinnen und -Wähler ihre Stimme abgegeben. Oben warten die ebenfalls gut gelaunten Mitschwestern schon darauf, ihr Couvert einzuwerfen.

Bereits nach wenigen Minuten ist die demokratische Pflicht erfüllt. Alles ging mit rechten Dingen zu und her. Demonstrativ versiegelt Gemeindeschreiber Daniel Hugg-ler die Urne und bringt sie in sein Auto. Und während sich die Mitschwestern langsam zurückziehen, lassen die weltlichen Wähler und die Delegation des Wahlbüros den Abend im Restaurant nebenan ausklingen.

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