Das Alterszentrum ist unbestritten, die Frage ist: Zentrum oder Wiemel

Am 11. Juni stimmt der Souverän über den Standort des Alterszentrums ab. Die Limmatwelle fragte bei je einem Befürworter des Standorts Wiemel und des Standorts Zentrum nach.

Daniel Zehnder, CVP-Vertreter (l.), und Hans Ulrich Reber, Gemeindeammann, im Gespräch um den Standort. bär

Daniel Zehnder, CVP-Vertreter (l.), und Hans Ulrich Reber, Gemeindeammann, im Gespräch um den Standort. bär

Ausschnitt aus Testplanverfahren Jahr 2010.Grafik: zVg

Ausschnitt aus Testplanverfahren Jahr 2010.Grafik: zVg

Herr Reber und Herr Zehnder, danke, dass Sie sich für das Pro- und Kontra-Interview zur Verfügung gestellt haben. Hans Ulrich Reber, Gemeindeammann: Eigentlich nicht pro und kontra. Wir sind uns einig: Wir wollen beide ein Alterszentrum.

Uneinig ist man sich jedoch in der Frage, wo es gebaut werden soll. Der Gemeinderat setzt sich für den Standort Wiemel ein. Wieso, Herr Reber?Reber: Weil auf der Zentrumswiese grosse Bauten wegen des Dorfbilds und des Flächenverbrauchs der Wiese nicht ideal sind. Deshalb haben wir den Standort Wiemel überprüft, wo die Gemeinde ebenfalls Land besitzt. Der Gemeinderat bezieht nun Stellung und schlägt mit absoluter Mehrheit den Standort Wiemel vor.

 

Einstimmig?(weicht aus) Es ist die Meinung des Gemeinderates. Mit der Abstimmung an der Gemeindeversammlung wollen wir nun wissen, was der Souverän will.

Die CVP hingegen befürwortet den Standort Zentrumswiese. Welche Gründe sprechen dafür, Herr Zehnder? Daniel Zehnder, CVP-Mitglied: Die älteren, betagten Einwohner von Würenlos sollten im Zentrum sein, von wo aus sie mobil und gut an alle Orte kommen, die ihnen wichtig sind. Dafür ist das Wiemel zu weit weg. Zudem könnte man mit einer attraktiven Gestaltung ein Zentrum schaffen, das nicht nur für alte, sondern auch für junge und für Einwohner mittleren Alters attraktiv ist. Ich bin überzeugt, dass eine ortsbildverträgliche Variante gelingen würde und so ein attraktives Zentrum geschaffen würde.

Die zentrale Lage im Dorf und die Anbindung an den öffentlichen Verkehr sind für ältere Menschen unbestritten ein Vorteil. Sprechen diese Gründe nicht für die Zentrumswiese, Herr Reber? Reber: Wir akzeptieren diese Gründe. Im Zentrum ist alles näher. Aber auch die Lage im Wiemel ist absolut zumutbar. Der Bau im Wiemel könnte wesentlich rascher realisiert werden.

Sie, Herr Zehnder, sagen, dass die Wahrscheinlichkeit von Einsprachen auch im Wiemel gegeben ist und es eine Mutmassung sei, ob der Bau am Standort Wiemel schneller realisiert werden könne als im Zentrum. Man hat aber ja schon mehrmals versucht, im Zentrum zu bauen, und muss damit rechnen, dass die Anwohner wieder Einsprachen machen. Zehnder: Wir gehen auch davon aus, dass der Bau im Wiemel schneller realisiert werden könnte. Doch für uns ist das kein Grund, am zweitbesten Standort zu bauen. Mit einer klaren Zielsetzung wird auch der Bau im Zentrum möglich sein.

Warum sind Sie sich da so sicher? Immerhin versucht man seit mehr als 40 Jahren, im Zentrum ein Alterszentrum zu realisieren... Zehn- der: Das Gestaltungsplanverfahren im Zentrum, als wichtige Grundlage für das damalige Projekt Ikarus, lag bereits zur Vorprüfung beim Kanton. Es wurde nicht wegen der Einsprachen gestoppt, sondern weil sich im Laufe der Jahre das Pflegegesetz geändert hat. Das damals geplante Projekt Ikarus entsprach nicht mehr den heutigen Bedürfnissen. Deswegen hat der Gemeinderat das Projekt gekippt.

Reber nickt.

 

Reber: Uns irritiert, dass mit dem Bau im Zentrum in zehn Jahren die letzte Grünfläche in Würenlos verschwunden ist. Zudem wäre das Gebäude schnell zu klein und bräuchte einen Anbau, der noch mehr Grundstückfläche verschlingen würde. Auch die Erschliessung wäre problematisch, da die Poststrasse für ein solches Aufkommen nicht tauglich ist. Für die Anwohner und Coop-Besucher wäre der Zugang während des Baus ein Problem.

Zehnder: Da bin ich anderer Meinung. Die Wiese wäre nur etwa zur Hälfte verbaut und könnte mit neuen, öffentlichen Gebäuden rundum zu einem Zentrum umgestaltet werden. Das ist aber mit der momentan ausgesteckten Variante, die aus zwei im Erdgeschoss zusammengebauten Gebäuden und einem separaten Baukörper besteht, nicht möglich, da die Bauten vorne konzentriert als Riegel wirken. Es gibt bereits vorhandene Varianten, die geeigneter sind und mit neuen Gebäudekörpern das Zentrum erfassen.

Reber: Es geht um den Standort, nicht um die Form.

Es wäre aber denkbar, dass das jetzt ausgesteckte Projekt die Standortfrage mitentscheidet. Täuscht man damit den Wähler? Reber: Wir haben dieses Projekt gewählt, weil der Vorstand des Vereins Alterszentrum, der den Betrieb führen wird, diese Variante favorisiert. Es wurde im März gesagt, dass für eine gute Betriebsführung ein zusammenhängender Bau bevorzugt wird.

Zehnder: Es kann doch nicht sein, dass der Betrieb absolut in den Vordergrund gestellt wird. Mit mehreren Gebäuden rund um die Wiese anstelle einer Konzentration vorne könnte eine städtebaulich gute Lösung erreicht werden. Mitten im Zentrum würde eine grüne Fläche erhalten bleiben, eingefasst von attraktiven Gebäuden, inkl. der heutigen Zentrumsscheune. Der Altersheimverein hat zwei Jahre lang ohne Einbezug der bisherigen Planungen im Zentrum gearbeitet, was unverständlich ist. Eine zusätzliche, rückwärtige Erschliessung der Wiese über die Dorfstrasse war im Übrigen ein zentrales Element der bisherigen Zentrumsplanung. Der Gemeinderat soll entscheiden, wo die Gebäude hinkommen, und nicht der Verein.

Reber: Der Gemeinderat wird dies mit Sicherheit bestimmen, ob aber die optimale Lösung gefunden werden kann, wenn der Gemeinderat in dieser Kernfrage zum Vornherein in Konfrontation zum Verein Alterszentrum agiert, ist fraglich. Der Gemeinderat betrachtet den Verein Alterszentrum nach wie vor als Partner mit gemeinsamen Interessen. Als Betreiber des Alterszentrums investiert der Verein doch immerhin rund 40 Millionen Franken in den Bau. Er muss auch seinen Bedürfnissen entsprechen. Nur so können sie den Betrieb rentabel führen. Deshalb haben wir ihren Favoriten von Steinmann und Fugazza ausgesteckt. Das heisst aber nicht, dass dieser Bau realisiert wird. Wir mussten eine Variante visualisieren, um der Bevölkerung das Volumen zu zeigen. Abgesehen von allem: Auch aufgeteilte Bauten würden auf der Wiese sehr dominant wirken. Nach wie vor ist die Problematik der späteren Vergrösserung des Alterszentrums zu wenig thematisiert. Dann würde die Grünfläche noch mehr verkleinert.

Also ist noch völlig offen, welche Variante schlussendlich realisiert wird? Reber: Richtig. Wir wollen damit der Bevölkerung lediglich das vorgesehene Volumen zeigen. Da die Standortfrage noch nicht geklärt ist, haben wir keinen Auftrag, ein Projekt im Zentrum auszuarbeiten oder vorzuschlagen.

Zehnder: Trotzdem könnte das ausgesteckte Projekt die Bevölkerung abschrecken, weil bei dieser Variante das Zentrum von vorne her abgeriegelt wird. Es existieren Varianten, bei denen eine mittig angeordnete Grünfläche erhalten bliebe und auch für den betrieblichen Ablauf machbare Lösungen aufgezeigt werden.

Hätten Sie damit nicht zwei Fliegen mit einem Schlag erledigt, Herr Reber? Reber: Wir wollen vom Volk hören, ob es das will. Deshalb stimmen wir an der Gemeindeversammlung darüber ab.

Der Gemeinderat will dem Volk auch einen neuen Masterplan vorlegen. Warum? Reber: Damit das Volk dahintersteht.

Zehnder: Die Anpassung des Masterplans ist nicht nötig und kostet Zeit. Der fürs Projekt Ikarus geschaffene Masterplan könnte auch fürs neue Projekt übernommen werden.

Reber: Der bestehende Masterplan hat die Zielsetzung, die Zentrumswiese zu einem wichtigen Freiraum des Dorfes weiterzuentwickeln. Dies ist nun in diesem angedachten Umfang nicht mehr möglich. Deshalb muss der Masterplan auf die neue Situation ausgerichtet werden. Alles andere wäre eine Nichtbeachtung früherer Erarbeitungen und Beschlüsse.

Sie sprachen davon, die Grünfläche im Zentrum erhalten zu wollen, Herr Reber. Im Moment lädt die Wiese aber weder zum Verweilen ein noch ist sie Begegnungsort oder besonders ansprechend gestaltet. Was will die Gemeinde denn ändern, wenn das Alterszentrum anderswo realisiert wird? Reber: Bisher ging man davon aus, dass sie durch ein Alterszentrum besetzt wird, weshalb nichts geplant wurde. Denkbar wäre eine sanfte, vielleicht laufende Anpassung dieser schönen Wiese an die Bedürfnisse der Würenloser Bevölkerung. Vielleicht könnte darauf eine Feuerstelle, ein Sandkasten oder ein Spielplatz realisiert werden. Oder ein Bauer könnte darauf seine Schafe weiden lassen.

Die Gemeinde fährt zurzeit einen Sparkurs. Kann man eine solche Gestaltung überhaupt finanzieren? Reber: Wir sind gezwungen, bescheiden anzufangen, es darf nichts Teures sein. Vielleicht könnte er zuerst von Frauen mit ihren Kindern genutzt werden.

Zehnder: Erst durch die Kombination von Neubauten für das Alters- und Pflegeheim mit einer zentralen Grünfläche entsteht ein Zentrum, das auch als solches wirkt und von einer breiten Bevölkerung genutzt werden kann. Entscheidet sich der Souverän für den Standort Wiemel, ist der Gemeinderat gefordert, das Zentrum zu gestalten.

Was passiert mit der Zentrumsschür? Reber: Das ist noch offen. Im Moment bleibt sie bestehen und wird für Anlässe wie beispielsweise das Freilichtkino, den Weihnachtsmarkt oder neu für eine Gemäldeausstellung genutzt.

Und in Zukunft? Reber: Es gibt viele Ideen, deren Umsetzung meistens an der Finanzierung scheitert. Allenfalls findet man eine Stiftung, die etwas macht. Im Moment sind wir da aber zurückhaltend. Wir können nicht alles miteinander realisieren.

Wo würden Sie gerne einmal ins Altersheim gehen, Herr Reber? Reber: Ich wohne zurzeit im Zentrum und würde gerne dort bleiben. Aber ich gehe dorthin, wo ich Platz finde. Auch das Wiemel bietet Vorteile, weil ich die Freiheit, ums Haus zu gehen, sehr schätze und jetzt im Zentrum nicht habe. Und natürlich hängt es von der Gesundheit ab und davon, wie aktiv ich sein kann.

Die Standortfrage löst viele Emotionen aus, die Leserbriefspalten sind voll. Können Sie das nachvollziehen? Reber: Emotionen kann ich nachvollziehen. Ich verstehe aber auch rationale Überlegungen. Trotzdem ist es begreiflich, wenn man bedenkt, dass 40 Jahre für ein Alterszentrum gekämpft wurde – dann lässt man sich das nicht ausreden.

Zehnder: Für mich stellt sich nicht die Standortfrage, sondern die Frage: Wieso denn nicht im Zentrum? Ich bedaure, dass der Gemeinderat nicht am Zentrum und am bisherigen Masterplan festgehalten hat und mit dieser Abstimmung die Standortfrage wieder auf den Tisch bringt. Der Gemeinderat hätte den Tarif durchgeben und festhalten sollen.

Reber: Wir wollen diesen demokratischen Entscheid. Damit erhält der Gemeinderat Rückendeckung und kann endlich wirken.

Wie enttäuscht sind Sie, wenn nicht der von Ihnen bevorzugte Standort gewählt wird? Zehnder: Ich wäre sehr enttäuscht, weil ich das Zentrum als idealen Standort erachte.

Reber: Ich sehe das sehr pragmatisch. Der Volkswille ist entscheidend. Es wird das Projekt ausgeführt, dass der Stimmbürger will. Dem Gemeinderat ist vor allem wichtig, dass endlich ein demokratischer Entscheid gefällt wird und wir vorwärts machen können.

Die Abstimmung über die Standortfrage des Alterszentrums findet an der Gemeindeversammlung am Dienstag, 11. Juni, um 19.30 Uhr, in der Mehrzweckhalle in Würenlos statt.

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