Ein halbes Jahrhundert für die Katz?

Paul Isler war 40 Jahre lang Leiter Finanzen in Würenlos. Man könnte ihn auch als laufendes Gemeindearchiv bezeichnen. Er war massgebend an jedem Altersheim-Projekt beteiligt und geht mit dem Referendums-Komitee hart ins Gericht. Er wird sich am 12. März auf die Seite des Gemeinderates stellen.

Paul Isler war 40 Jahre lang Leiter Finanzen in  Würenlos.   Rinaldo Feusi
Paul Isler war 40 Jahre lang Leiter Finanzen in Würenlos. Rinaldo Feusi

An der Gemeindeversammlung wurde eine Finanzierungstranche von 250000 Franken der Alterszentrum AG gutgeheissen. Sie stammen aus einem Topf von vier Millionen Franken. Woher kommt dieses Geld?

Paul Isler: Nun, dahinter liegt eine lange Geschichte. Es ist so: Würenlos hat einen grossen Schritt gemacht 1970. In diesem Jahr haben wir 1100 Jahre Würenlos gefeiert. Die Bevölkerung ist sich dadurch nähergekommen. Vorher gab es beispielsweise einen katholischen und reformierten Männerchor. Gleich war es bei den Turnvereinen. Nach den Festivitäten hat sich die Gesellschaft immer mehr verflochten. Nach dieser Entwicklung beschloss dann der Gemeinderat, Gelder aus der Erbschaftssteuer zur Seite zu legen, um ein gemeinsames Altersheim zu bauen. Dieser Entscheid wurde an der damaligen Gemeindeversammlung angenommen. Dadurch, dass damals die Ehegatten und die direkten Nachkommen ebenfalls besteuert wurden, konnte einiges an Geld angeschafft werden. Die Gemeinde verzinste dieses Geld intern als Darlehen. Dank Zins und Zinseszins konnte dieses Geld generiert werden.


Ebenfalls spielten die Frauen eine grosse Rolle.

Ja, genauer die Frauenvereine. Vor etwa 44 Jahren fand ein grosses Dorffest zugunsten eines Altersheims statt. Die Frauen lismeten, backten und konnten hierbei viel Geld zur Seite legen. Das liegt in einem anderen Fonds und besteht aus mehreren Hunderttausend Franken. Dort ist es so, dass das Geld für etwas gebraucht werden soll, das vielleicht im Baukredit nicht unbedingt finanzierbar ist. Auch die Kirchgemeinden haben Rückstellungen in ihren Büchern für ein potenzielles Altersheim. Seit Jahrzehnten stehen Gemeindeversammlungen, Vereine und auch die Kirchgemeinden hinter der Altersheim-Idee.

Wie schätzen Sie denn das laufende Projekt ein?

Es ist bisher das beste von allen, deckt alle Bedürfnisse ab und entspricht den neusten Standards. 

Wo sehen Sie Ihre Aufgabe nach all diesen Jahren?

Mir ist es unheimlich wichtig zu erklären, was vor diesem Projekt alles schon passiert ist. Es ist kein Casino-Spiel, dass vom Gemeinderat anvisiert wird. Es ist ein Rechtsmittelverfahren mit dem Ziel, Planung, Volkswillen und Finanzierung eines halben Jahrhunderts nicht im Sand verlaufen zu lassen. Sehen Sie: Ich werde nächstes Jahr 80 Jahre alt. Die meisten, die mit mir an den Altersheim-Projekten gearbeitet haben, sind mittlerweile gestorben. Aber nicht in Würenlos, sondern beispielsweise in Wettingen oder Spreitenbach. Der Casino-Vergleich ist stossend und die allgemeine Rhetorik des Komitees passt mir nicht.

Was meinen Sie mit der Rhetorik?

Beispielsweise wurde von einem Mitglied des Referendums-Komitees in einem Leserbrief (Limmatwelle, 5. November 2020) gefragt: «Ist es richtig, die Zentrumswiese zu opfern, damit die alten Leute dort ihre letzten Jahre verbringen können?» Wo sind wir eigentlich? Ich finde es halt schade, dass man so dermassen alles über Bord schiessen will. Aber das ist meine persönliche Meinung.  

Warum ist es Ihrer Meinung nach kein Casino-Spiel?

Es ist für mich eine abschätzige Art und Weise, eine komplexe Angelegenheit zu verunglimpfen. Hier arbeiteten Generationen von Menschen für ein gemeinsames Ziel. Viele ältere Menschen wollen zwar ihr Haus verlassen, aber nicht das Dorf. Etwas so Wichtiges als Casino-Spiel zu bezeichnen, finde ich respektlos. Die Gegner hätten schon vor 20 oder 30 Jahren ihr Veto einlegen können. 

Würenlos hat einen grossen Eigentümer-Anteil. Sie sind auch einer. Würden Sie im Altersheim wohnen?

Gäbe es eines in Würenlos, wäre das bestimmt ein Thema. Aber ich weiss, worauf sie hinauswollen. Das Thema der Senioren mit Wohneigentum wird immer wichtiger. Meines Erachtens sind die «Seniorenhäuser» eine der grössten ungenutzten Ressourcen dieser Gemeinde. Sehen Sie es so: Jedes Haus, dass von Seniorinnen und Senioren bewohnt wird, blockiert den Traum vom Eigenheim für eine junge Familie. Und würden die Eigentümer ihr Haus verkaufen, wäre das Geld in den meisten Fällen mehr als ausreichend, um sich den Lebensabend im Altersheim leisten zu können. Alle könnten profitieren. 

Wird die Finanzierungstranche abgelehnt, sieht es nicht gut aus für das Altersheim.

Die Alterszentrum Würenlos AG wäre mittellos und könnte nicht weiterarbeiten. Ich habe es in 40 Jahren noch nie erlebt, dass die Bevölkerung der Gemeinde verbieten soll, den Rechtsweg zu gehen. Man stelle sich vor, es wäre umgekehrt! Ein Bürger will ein Baugesuch eingeben mit dem Wissen, bei Ablehnung keine Beschwerde machen zu dürfen. 

Es droht ein hoher finanzieller Verlust, muss das Projekt abgebrochen werden. Wer zahlt die Zeche?

Die Logik des Referendumskomitees ist nicht nachvollziehbar. Sie wollen 250000 Franken Steuern sparen für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens in der Hoffnung, das Alterszentrum scheitert. Als Resultat wird die Gemeinde, also die Steuerzahler, einen zusätzlichen, finanziellen Schaden in Millionenhöhe einstecken. Bei einem Schiffbruch der Realisierung des Alterszentrums auf der Zentrumswiese wird mit den notwendigen Abschreibungen des Baugrundstückes der finanzielle Schaden der Gemeinde einen zweistelligen Millionenbetrag überschreiten.

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