Gründer hafteten mit Privatvermögen

Bei Musik und Essen haben mehr als 1100 Mitglieder das 100-Jahr-Jubiläum der Raiffeisenbank Würenlos gefeiert.

1100 Mitglieder nahmen an den zwei Tagen am Jubiläumsfest im Tägi teil. Melanie Bär

1100 Mitglieder nahmen an den zwei Tagen am Jubiläumsfest im Tägi teil. Melanie Bär

Patrick Binkert gut gelaunt am Fest.bär

Patrick Binkert gut gelaunt am Fest.bär

«Das ist ja Herr Binkert, den kennen wir schon lange», sagt ein Besucher, der vor einer Woche als einer der Ersten durch die Eingangskontrolle in die Eventarena des Tägis tritt. Draussen, wo die überdachte Fläche bald wieder zum Eisfeld wird, stehen zwei Abende lang Festbänke, Essens- und Getränkestände sowie eine Bühne für das Mitgliederfest der Raiffeisenbank Würenlos parat. Schon vor dem Einlass um 18 Uhr haben sich davor Warteschlangen gebildet. Mehr als 1100 Mitglieder folgen der Festeinladung «ihrer» Bank und werden vom Vorsitzenden der Bankleitung begrüsst.

Es erstaunt nicht, dass ihn viele persönlich kennen, schliesslich arbeitet Patrick Binkert seit mehr als 30 Jahren in der Bank in Würenlos.

Vom Welschland nach Würenlos

Ein Zufall sei die Anstellung gewesen, so wie vieles im Leben, sagt der 56-Jährige. Damals, als er nach der Lehre beim Schweizerischen Bankverein in Baden, einer Anstellung in Zürich und dem damals üblichen Abstecher ins Welschland in Genf arbeitete und von seiner Frau Karin begleitet wurde, bekamen sie Besuch aus Würenlos. Dabei kam zur Sprache, dass die Raiffeisenbank in Würenlos bald eine Stelle neu zu besetzen hat. Noch aus dem Welschland bewarb er sich und wurde kurze Zeit später einer von sechs Mitarbeitern. «Einen PC gab es damals an den Arbeitsplätzen nicht, nur Schreibautomaten mit einem internen Speicher», erinnert er sich. Verträge seien mit Kohlepapier kopiert worden. Der Fax sei eine Errungenschaft gewesen, genauso wie Videotex, eine Art Schreibmaschine, mit der man Fremdwährungs- oder Börsenkurse abfragen konnte. Mit dem technologischen Wandel seien immer neue Aufgaben dazugekommen, sodass sein Job nie langweilig geworden sei, sagt Binkert. Und auch wenn er seit 20 Jahren Vorsitzender der Bankleitung ist, habe er früher auch mal selbst eine Birne ausgewechselt oder Büromöbel ausgesucht. «Und solange ich hier bin, wird es keine quantitativen Produktziele geben, damit Kunden das bekommen, was sie brauchen. Schliesslich will ich ihnen in die Augen sehen können, wenn ich ihnen im Dorf begegne.» Und das kommt nicht selten vor: Patrick Binkert lebt mit seiner Frau und den erwachsenen Kindern in Würenlos.

34 Würenloser gründeten die Bank

Während sich die über 500 Besucher an Essensständen asiatisches, italienisches oder typisch schweizerisches Essen schöpfen lassen, tritt TV-Moderatorin Miriam Rickli ans Mikrofon. Bei Verwaltungsratspräsident Daniel Meier fragt sie nach Zahlen. Er winkt ab: «Es gibt genug andere Gelegenheiten, an welchen wir uns mit Zahlen beschäftigen, heute geniessen wir Speis und Trank, gute Musik und spannende Tischgespräche.»

Für Gesprächsstoff dürfte auch der geschichtliche Rückblick gesorgt haben in die Zeit vor hundert Jahren, als sich 34 Personen schriftlich als Mitglieder verpflichteten, für die Darlehenskasse Würenlos einzustehen. Sie hafteten mit dem gesamten privaten Vermögen unbeschränkt für «ihre» Bank. «Diese unbeschränkte Haftung galt bis 1989 und wurde dann auf 8000 Franken pro Mitglied festgelegt», so Meier. Seit 2014 sind es nur noch 200 Franken, die mit dem Anteilschein bezahlt werden.

Im Jahr 2001 fusionierten die drei Raiffeisenbanken Würenlos, Neuenhof-Killwangen und Spreitenbach zur Raiffeisenbank Würenlos. Gleichzeitig erweiterten sie den Geschäftskreis um die drei Zürcher Gemeinden Dänikon, Otelfingen und Boppelsen. Inzwischen ist das Team von Patrick Binkert auf über 40 Personen gewachsen. «Auch wenn ich seit über 30 Jahren den gleichen Arbeitgeber habe, hat sich meine Arbeit trotzdem immer wieder verändert – damit bleibt es spannend.» So spannend, dass er sich vorstellen kann, bis zu seiner Pensionierung weiterzumachen. «Vorausgesetzt, sie wollen mich. Vielleicht hat ein Jüngerer bessere Ideen, dann bin ich auch flexibel, andere Aufgaben zu übernehmen.» Sagt es und grüsst einen weiteren Besucher, der kurz nach 18 Uhr ins Tägi tritt, um mitzufeiern, was mit dem Mut von 34 Würenlosern vor 100 Jahren seinen Anfang nahm.

Sven Imboden, Spreitenbach

«Auch wenn ich sonst eher Rockmusik mag, finde ich die ‹Stubete Gäng›, die heute auftritt, witzig. Es ist schön, ein Bier zu trinken, Musik zu hören und Kollegen zu treffen.»

Anita Huber, Würenlos

«Ich gehe gerne an solche Anlässe, weil man Leute trifft. Ich habe in Disentis meine Lehre auf einer Raiffeisenbank gemacht und war in Würenlos lange im Aufsichtsrat der Bank.»

Herbert und Eva Bowee, Spreitenbach

«Es ist schön, mal wieder wegzugehen. Die unterschiedlichen Essensstände sind speziell gut. Und auch die Auftritte und das Unterhaltungsprogramm gefallen uns gut.»

Daniela Bolleterd und André Möckel, Würenlos

«Es treten gute Acts auf und wir geniessen wieder einmal einen kinderlosen Ausgang. Kollegen von uns sind auch da, die wir hier treffen.»

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