«Das Letzte Wort»

Graziella Jämsä, freie Mitarbeiterin Limmatwelle

Ich werde in diesem Jahr 48. Fragt man mich nach meinem Alter, antworte ich meist: «Ich bin die ultimative Kombination aus Urgrossmutter und Kleinkind.» Doch manchmal lässt mich ein Ereignis schweigen. Am 10. Februar ist Rudolf Kalt verstorben. Als Gemeindeammann Spreitenbachs hat er mir an der Jungbürgerfeier die Chronik meines Jahrgangs überreicht. Bei unserem nächsten Aufeinandertreffen war ich Gemeinderätin im sehr ländlichen Bettwil und hatte meine Kollegen zum Weltenwechsel nach Spreitenbach eingeladen. Ruedi Kalt stellte den Gästen «sein» Dorf vor. Eine ähnliche Position hatte er 2021 inne, als ich zur Vernissage eines Bildbandes eine Führung durch Spreitenbach organisiert hatte. Er verband mit seinem Wissen die anwesenden Generationen. Die liebenswürdige Leichtigkeit, mit der Ruedi Kalt von der örtlichen Geschichte sprach, erweckte diese zum Leben. Das Dilemma um die Baugenehmigung des ersten Hochhauses in einer Zeit ohne Ortsplanung, neue Strassen, eine Erweiterung des Gemeindehauses – ich werde das alles kaum vergessen, weil er es erzählt hat. Weil er offen war, für meine Bitte um das Miteinander.

Ich frage mich, ob auch ich dereinst nach meinem Tod Spuren hinterlassen haben werde. Werden es meine Texte sein? Begegnungen? Oder Taten? Werde ich die Menschen an Positives erinnern? Fragen, die ich nicht beantworten kann. Aber nach diesem Moment der Stille kann ich zwei Dinge tun. Ich kann Menschen wie Ruedi Kalt würdigen, indem ich mit meinem Wissen dafür sorge, dass sie nicht vergessen werden. Und ich kann mir ein Beispiel an ihrem Einsatz, ihrem Enthusiasmus für das Gute nehmen.

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