Eine sozialliberale Ära geht zu Ende

Die LdU gründete sich 1936. Im August wurde die Auflösung ihrer letzten Ortspartei von den fünf letzten verbliebenen Mitgliedern aus Neuenhof beschlossen.

Gottlieb Duttweiler gründete die LdU im Jahr 1936. Archiv

Gottlieb Duttweiler gründete die LdU im Jahr 1936. Archiv

Die letzten fünf Mitglieder der LdU-Ortspartei Neuenhof: Armin Poznicek, Klaus Amrein, Koni Roth und Hansruedi Matter - hinter der Kamera das fünfte Mitglied: Rolf Widmer. zVg

Die letzten fünf Mitglieder der LdU-Ortspartei Neuenhof: Armin Poznicek, Klaus Amrein, Koni Roth und Hansruedi Matter - hinter der Kamera das fünfte Mitglied: Rolf Widmer. zVg

Über viele Jahre hinweg war Neuenhof das Zuhause der letzten Ortsgruppe – später Ortspartei des Landesrings der Unabhängigen (LdU). Das ist auf das Verdienst von Albert Frei im Jahr 2000 zurückzuführen. Sie wurde 1970 von Paul Koller gegründet – die LdU Schweiz 1936 von Gottlieb Duttweiler. Duttweiler, seines Zeichens überzeugter Humanist und Kartellgegner, gründete die Partei, um gegen ebendiese Kartelle vorzugehen. Seine Vision von einer sozialliberalen Wirtschaft spiegelte sich nirgends mehr als in der von ihm gegründeten Migros und der LdU.

1998 löste sich die LdU Schweiz auf. Viele Ortsgruppen und -parteien versuchten aber auf kommunaler Ebene weiterzumachen. Sie alle sind schliesslich eingegangen. Bis auf eine: die LdU in Neuenhof. Mit langem Atem, sensationellen Wahlkämpfen und viel Engagement halfen sie mit, die Neuenhofer Politik mitzugestalten. Nein, sie machten sie sichtbar, greifbar und in mindestens einem Fall sogar geniessbar.

Keine Tränen, dafür Rotwein

«Die Idee zur Auflösung hatten wir schon vor zwei Jahren», sagt Armin Poznicek. Er war rund vier Jahrzehnte LdUler. «Aber wir wollten uns nicht heimlich während Corona aus der Affäre ziehen», fährt er fort. «Nein. Wir wollten, dass die Auflösung wahrgenommen wird. Also entschlossen wir uns zu warten, bis die Krise vorüber war.» Und so traf man sich schliesslich am Abend des 10. Augusts 2022 im «Belvédère» Baden. Die letzten fünf Mitglieder: Klaus Amrein, Hansruedi Matter, Armin Poznicek, Konrad Roth und Rudolf Widmer mit ihren Ehefrauen und dem Ehrenpräsidenten. In gemütlicher Runde beschloss man schliesslich offiziell die Auflösung. Das Parteivermögen wurde unter den Mitgliedern aufgeteilt. Wie viel davon in die Rechnung des gemütlichen Abends floss, konnte von der «Limmatwelle» nicht abschliessend recherchiert werden.

Wahlkampf wie kein anderer

Die LdU-Ortspartei war nie gross. Doch sie war erfolgreich und stellte diverse Einwohnerräte. Ihr dienstältester Gemeinderat war Rolf Widmer. Er sass rund 16 Jahre im Gemeindeparlament. Die diversen Erfolge auch gegen grosse Parteien kamen nicht von ungefähr. Denn wenn die LdU etwas konnte, dann waren das der Stimmenfang und Wahlkampf. Unvergesslich der Wahlkampf in der Pferdekutsche oder die Wurstverteilaktion vor der Migros. «Es ging uns damals um die Wurst. Das mussten wir den Wählerinnen und Wählern klarmachen», schmunzelt Poznicek, der letzte Ortspräsident in der LdU-Geschichte. Doch wie konnte es dann so weit kommen, dass die nun aufgelöst werden musste? «Mit der Auflösung des Einwohnerrates verloren die kleinen Parteien ihre Bühne. Es gab fast keine Möglichkeit mehr, sich Gehör zu verschaffen», sagt Poznicek. «Doch einige kleine Parteien kommunizierten die Auflösungen nicht. Wir stehen dazu.» Verbittert sei er nicht: «Dass wir so lange Erfolg hatten, zeigt uns, dass wir das Richtige taten.»

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