«Es war schon gehässiger»
Nach einem Jahr als Einwohnerratspräsident zieht Lutz Fischer-Lamprecht Zwischenbilanz.
Lutz Fischer-Lamprecht trägt viele Hüte. Er arbeitet als Pfarrer, ist im Grossen Rat und Einwohnerratspräsident. In letztere Würde vereidigte man ihn vor einem Jahr. Nach Jahren als Einwohnerrat kam ihm somit eine neue Rolle zu. Eine Spannende – wie er sagt.
Sitzordnung, Drehbuch und Ablauf
Der EVP-Mann ist für sein kantiges politisches Profil bekannt. Diskussionen scheut er nicht und sein Schaffen steht und fällt mit seinen Überzeugungen. Er politisiert nach eigenen Angaben aus «Leidenschaft für Mensch und Umwelt». Hierbei stösst er auch gerne einmal auf Gegenwind. Doch das ist üblich in einer Demokratie und für ihn kein Problem. Doch die Aufgabe als «Chef» des Einwohnerrates ist nicht das «Ellbögle», sondern Ordnung und Disziplin zu wahren. So schreibt er vor jeder Sitzung ein Drehbuch, definiert die Sitzordnung und ist verantwortlich für einen sauberen Ablauf. Dass die GLP also direkt neben der SVP sitzt, habe schon seine Gründe, sagt er. Bei sozialen und Finanzfragen sei, so seine Auffassung, «im Wettinger Einwohnerrat keine Partei näher bei der SVP als die GLP». Und die beiden Oppositionsparteien scheinen wirklich zu harmonieren. Das zeigte die Budgetabstimmung. Auch hier merkt man: Er scheut sich nicht vor seiner eigenen Meinung.
Und obschon er die inhaltliche Beteiligung an Diskussionen vermisse, werde es ihm als Einwohnerratspräsident sicher nicht langweilig. «Es ist eine andere Rolle. Aber keine schlechte. Im Gegenteil: Es macht mir Freude.» Fokus will er jeweils vor allem auf Diskussionskultur setzen. «Wir haben selten gehässige Diskussionen. Der Einwohnerrat vertritt die Bevölkerung mit Respekt. Das ist mir sehr wichtig», erklärt er. Und wenn sich eine Debatte einmal in die Länge zieht, sei das für ihn kein Problem. Lieber sei es ihm, ein Thema richtig abzuhandeln und abzuschliessen, als es immer wieder aufwärmen zu müssen.
Stimmung war schon giftiger
«Ich habe das Gefühl, die Stimmung ist nicht mehr so giftig», antwortet Lutz Fischer-Lamprecht auf die Frage, was sich denn innerhalb des letzten Jahres am meisten im Einwohnerrat geändert habe. Natürlich gebe es Akteure, die wie Hund und Katze aufeinander reagieren würden. Aber das gehöre nun mal zur Politik in einer Demokratie. Wenn das nicht mehr erlaubt sei, dann müsse man sich Sorgen machen. «Ich versuche, mich dabei zurückzunehmen und neutral zu sein.» Und sein Zeugnis bekomme er von den Fraktionen, die mehrheitlich zufrieden mit seiner Arbeit seien.
Kein neues Handwerk für ihn
Das Leiten von Sitzungen sei für Fischer-Lamprecht kein neues Handwerk. Schon früher war er Versammlungsleiter bei der Studierendenvollversammlung gewesen und auch beruflich war und ist er immer wieder mit der Moderation von Diskussionen konfrontiert. Er leite diese auch gerne. Und doch vermisse er das Diskutieren. Seine Amtsperiode als Präsident des Einwohnerrates dauert noch ein weiteres Jahr. Ob er danach als normales Mitglied im Einwohnerrat bleibt oder zurücktreten wird, das kann er heute noch nicht sagen. Lieber will er sich vollkommen auf seinen momentanen Aufgabenbereich konzentrieren.