Hartnäckigkeit wird geschätzt
Drei Berufsleute gaben Eltern Einblick in die Anforderungen während der Lehre und den Weg dorthin.
«Wie können wir Jugendliche bei der Berufsfindung unterstützen?» Das wollte Lehrerin Sheila Crettenand von den drei Männern wissen, die vergangene Woche in einer von der Real- und Sekundarschule organisierten Podiumsdiskussion Eltern Einblick in die Ausbildung von Lernenden gaben. «Mit Begeisterung», antwortete Mario Widmer. Er ist Mitbesitzer der Carrosserie Neuenhof AG, die Lernende ausbildet. Widmer appellierte an die Eltern, ihren Kindern vorzuleben, dass Arbeiten etwas Schönes sein kann. Peter Schmid, der bei der Firma Käufeler als Berufsbildner bereits rund 160 Lernende begleitet hat, strich den Berufsstolz hervor: «Es gibt nicht bessere oder weniger gute Berufe. Auch handwerkliche Berufe sind sehr wertvoll für die Gesellschaft. Das soll den Jugendlichen vermittelt werden.»
Unterschiedliche Anforderungen an die Bewerbung zum Schnuppern
Nicht die gleichen Anforderungen stellen die drei Berufsleute bei der Bewerbung zum Schnuppern. Während Schmid ein komplettes Dossier verlangt, reicht Tim Wagner eine kurze Begründung mit ein paar Angaben zur Person. Wagner ist Inhaber des Wettinger Beschriftungs-unternehmens Bürki und Moser. «Ich schätze es, wenn jemand hartnäckig bleibt und beispielsweise telefonisch nachfragt, wenn wir uns nach einer Woche noch nicht gemeldet haben.»
«Für mich muss die Bewerbung authentisch sein», so Schmid. Es sei komisch, wenn jemand Sport als Hobby angebe und die Sportnote etwas komplett anderes zeige. Alle drei empfehlen den Jugendlichen, sich viele Berufe anzuschauen, um sich besser entscheiden zu können. «Wenn der Schüler nach zwei Tagen merkt, dass der Beruf nicht passt, dann schätze ich es, wenn er mir das sagt, statt unmotiviert noch drei weitere Tage zu schnuppern», so Widmer.
Ob bei der Bewerbung für die Lehrstelle ein vorgängig absolvierter Eignungstest beigelegt werden müsse, hänge vom angestrebten Beruf ab. «Bei einer Berufsbildung mit Berufsattest (EBA) nicht, bei der EFZ-Lehre mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis schon», so Mario Widmer. Schmid fügte an, dass in ihrem Betrieb während der Schnupperlehre ein interner Eignungstest gemacht werde. So könne er beurteilen, ob eine EBA- oder EFZ-Lehre sinnvoll sei. Er bedauert, dass die EBA-Lehre in der Gesellschaft einen schlechten Ruf habe.
Dem pflichteten Widmer und Wagner bei. «Auch Realschüler können Karriere machen. Ich war Realschüler und heute bin ich stolzer Unternehmer», sagt Mario Widmer. Er habe gute Erfahrung mit EBA-Lernenden gemacht, einer von ihnen schloss mit der Bestnote ab und absolvierte anschliessend die EFZ-Lehre. «Manchmal braucht man ein bisschen länger, das ist völlig in Ordnung», doppelte auch Tim Wagner nach.
Lehrstelle im Dezember vergeben
Einigkeit herrschte auch bei der Frage, wann die Lehrstellen vergeben werden. «Wir führen im Juli und August Schnuppertage durch, Lehrverträge werden erst im Dezember ausgestellt, als kleines Weihnachtsgeschenk», so Wagner. «Vor November stellen wir keine Verträge aus», sagte Schmid und Widmer fügte an: «Wenn Lehrverträge zu früh ausgestellt werden, kann das später zum Lehrabbruch führen.» Die gewünschte Berufsrichtung solle etwa ein Jahr vor Lehrbeginn feststehen.
Kommunikation – auch mit Eltern
Ein wichtiger Punkt, der während der Podiumsdiskussion immer wieder genannt wurde, war die Kommunikation. Es werde geschätzt, wenn Schülerinnen und Schüler Interesse zeigen und aktiv seien.
Auch ein gutes Verhältnis mit den Eltern der Lernenden sei wichtig. «Ich möchte Eltern Mut machen, ihre Kinder zum Durchhalten aufzufordern und sie dabei zu unterstützen», sagte Peter Schmid. Tim Wagner erzählte von einem Beispiel, wo ein gemeinsames Gespräch zur Klärung führte, nachdem der Lernende versucht hatte, Eltern und Lehrbetrieb gegenseitig auszuspielen. «Das Gespräch suchen. Es gibt nur Lösungen, keine Probleme», findet Mario Widmer.
Als wichtigster Faktor für eine erfolgreiche Lehre nannte Tim Wagner Freude, Pünktlichkeit und Ehrlichkeit. «Ich behandle die Jugendlichen so, wie ich auch gerne behandelt werden möchte.»
Schüler gemeinsam unterstützen
«Ziel der Schule ist es, Schülerinnen und Schüler an die Berufslehre hinzuführen», sagte David Hafner, Schulleiter der Sekundar- und Realschule am Elterncafé in der Aula im Margeläcker. Um auch die Eltern auf diesen Weg mitzunehmen, stand der Anlass vergangene Woche unter dem Thema «der Weg ins Berufsleben».
Mitorganisiert und moderiert wurde der Abend von Sheila Crettenand. Sie unterrichtet seit 22 Jahren an der Real- und Sekundarschule, engagiert sich in der Fachschaft berufliche Orientierung, dem Präventionsteam und leitet als Klassenlehrerin auch Berufswahlunterricht. «Und als Mutter eines Achtklässlers kann ich mir vorstellen, was bei ihnen zu Hause abgeht», sagte sie lachend. Aufgrund des grossen Interesses vonseiten der Eltern kann sie sich vorstellen, weitere solche Anlässe zum Thema Berufswahl durchzuführen. «Auch wenn es nicht darum geht, Berufe vorzustellen, werden wir dann darauf achten, dass wir verschiedene Branchen abbilden und auch Frauen zu Wort kommen.» Was nimmt sie selbst mit vom Abend: «Kommunikation ist wichtig und Interesse zeigen in alle Richtungen.»