«Jetzt endlich herrscht Klarheit»
3718 Stimmberechtigte haben der Spezialzone Berg zugestimmt, 3353 waren dagegen. Das sagen Gewinner und Verlierer.
«Wir sind glücklich, dass es mit dem Therapiehof weitergeht», schreibt die Stiftung Begegnung mit Tieren am Sonntagabend in einer Medienmitteilung. Am Montagmorgen folgte die Stellungnahme des Nein-Komitees: «Das Resultat fiel vergleichbar knapp aus wie im Einwohnerrat, einfach mit umgekehrten Vorzeichen. Damit ist die Debatte um die Spezialzone Berg auf der politischen Ebene beendet.»
Der Volksentscheid wird nun öffentlich publiziert und muss danach vom Kanton genehmigt werden. «Aufgrund der kantonalen Vorprüfung dürfte die Genehmigung der Teiländerung der Nutzungsplanung eine formelle Sache sein», sagt Thomas Kuster von der Wettinger Bau- und Planungsabteilung. Allerdings können diejenigen, die seinerzeit gegen die Zonenplanänderung eine Einwendung machten, auch gegen den Referendumsentscheid beim Regierungsrat Beschwerde einreichen. Falls das tatsächlich gemacht würde, müsste der Regierungsrat diese zuerst behandeln, bevor er die Zonenplanänderung genehmigen kann. Sobald die Zonenplanänderung genehmigt ist, kann der Eigentümer das Baugesuch basierend auf den neuen Zonenvorschriften einreichen.
«Endlich herrscht Klarheit»
Die Stiftung Begegnung mit Tieren bedankt sich bei der Stimmbevölkerung für die Unterstützung: «Nach Jahren der Planung und vielen Aufs und Abs herrscht jetzt endlich Klarheit: Auf dem Therapiehof Lägern können sich in Zukunft Menschen mit einer Beeinträchtigung dank der Begegnung mit Tieren weiterentwickeln.» Und Stiftungsrats-präsident Luz Sozzi erklärt: «Wir sind einfach nur glücklich, dass die Wettinger Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mehrheitlich zur Zonenplanänderung Ja gesagt und so gezeigt haben, dass ihnen der Therapiehof Lägern am Herzen liegt.»
Doch auch wenn ein Meilenstein erreicht sei, die Arbeit sei noch lange nicht fertig. Jetzt gelte es, das Projekt weiter voranzutreiben, das den privaten Wohnbereich und den Therapiebetrieb entflechte. «Und selbstverständlich wird der ohne Baubewilligung erstellte Sandplatz, der immer wieder für Aufregung sorgte, zurückgebaut», heisst es weiter in der Mitteilung.
Für die Initiantin des Referendums, Margrit Wahrstätter (EVP-Einwohnerrätin), ist die Zusage eine Genugtuung: «Es ist ganz toll, dass die Therapien weitergeführt werden. Schon beim Unterschriftensammeln kamen die Leute auf mich zu und befanden, dass es nicht sein könne, etwas so Gutes zu verlieren. Man hat richtig gemerkt, dass sich in der Bevölkerung etwas geregt hat. Ja, es war knapp. Aber es waren doch eine rechte Handvoll Stimmen mehr, sodass man nicht nachzählen muss.» Zum emotional geführten Abstimmungskampf meint sie rückblickend: «Dass es um den Naturschutz ging, verstand ich.» Nicht verstehen konnte sie dagegen, dass man der Familie Mauscheleien vorhielt.
Auch Nein-Komitee bedankt sich
Mit 365 Stimmen Unterschied unterlag das Nein-Komitee. Markus Fricker schreibt im Namen des Komitees: «Das Nein-Komitee möchte sich bei allen Bürgerinnen und Bürgern, die Nein gestimmt haben, ganz herzlich für ihre Stimme zugunsten der Natur und der Rechtsgleichheit bedanken. Ein ganz besonderer Dank gilt unseren zahlreichen Unterstützerinnen und Unterstützern aus allen Teilen der Bevölkerung und querbeet aus allen politischen Parteien. Insbesondere von WettiGrüen, GLP und SVP sowie den zahlreichen parteiunabhängigen Menschen, die sich zusammen mit uns für den Schutz der Natur und für den Respekt der gesetzlichen Vorgaben engagiert haben.»
Christian Vogelbacher, langjähriger Wettinger Einwohner, befürchtet, dass der Entscheid Konsequenzen haben wird: «Jetzt kann man zuwarten, bis die nächste einflussreiche Persönlichkeit im Eigi etwas bauen möchte. Ganz nach dem Motto: Beim Therapiehof wurde eine Ausnahme gemacht, dann geht das bei mir wohl auch? Und dann ist es vorbei mit dem schönen Eigi. Ich hoffe, dass die Wahlhelfer unserer werten Politiker genügend Wahlpostkarten, die mit Blick vom Wettinger Rebberg auf Wettingen runter, auf Vorrat haben. Weil so langsam, aber sicher verschwinden die offenen grünen Flächen, mit welchen so schön Werbung für unsere Gartenstadt gemacht wurde. Aber heutzutage kann man ja dann die Betonwüste einfach etwas wegretuschieren und stattdessen eine Grünfläche einsetzen», schreibt Vogelsbacher.
Pro Natura prüft weiteres Vorgehen
Matthias Betsche, Geschäftsführer Pro Natura Aargau, erklärte in der Limmatwelle vom 28. September 2023, dass sie sich beim Referendum nicht einmischten. «Grundsätzlich finden wir es eine gute und wichtige Diskussion, die von der Bevölkerung geführt werden soll.»
Nach dem Abstimmungsresultat vom Sonntag erklärt Matthias Betsche jetzt: «Wir werden seitens Pro Natura Aargau das weitere Vorgehen nun genau prüfen. Sobald der Vorstand über das weitere Vorgehen befinden konnte, werden wir über die nächsten Schritte näher informieren können.»