Kleinere Klassen, anspruchsvollere Schüler: Was sich in 100 Jahren Kindergarten verändert hat

Der Kindergarten Wettingen feiert sein 100-Jahr-Jubiläum. Die Schulleiterinnen wissen: Es hat sich viel verändert.

Die Schulleiterinnen des Kindergartens: <em>Astrid Welti Ferrante und Franziska Ackermann (l.). (Barbara Scherer)</em>

Die Schulleiterinnen des Kindergartens: <em>Astrid Welti Ferrante und Franziska Ackermann (l.). (Barbara Scherer)</em>

So <em>gross war eine Kindergartenklasse im Jahr 1920 im Rosenau. (zVg)

So <em>gross war eine Kindergartenklasse im Jahr 1920 im Rosenau. (zVg)

1918 öffnete die «Gfätterlischuel» oder auch Kleinkinderschule Rosenau genannt ihre Tore. Zusammen mit dem katholischen Arbeiterinnenverein hat der Pfarrhelfer Schönenberger damals den ersten Kindergarten in Wettingen geschaffen. Rund 60 Arbeiterkinder wurden dort zu Beginn betreut. 1938 eröffnete der erste gemeindeeigene Kindergarten Altenburg 1.

Inzwischen besuchen rund 400 Kinder die 22 Kindergartenabteilungen an zwölf Standorten in Wettingen: Viel hat sich verändert in den letzten 100 Jahren.

Viel weniger Schüler in einer Klasse

«Früher haben sich zwei Klosterschwestern um über 40 Kinder gekümmert, ich weiss gar nicht, wie die das gemacht haben», sagt Astrid Welti Ferrante (54). Heute besteht eine Kindergartenklasse aus ungefähr 20 Schülern mit einer Klassenlehrperson, die durch Fachlehrpersonen unterstützt wird.

Zusammen mit Franziska Ackermann (61) hat Welti Ferrante 2003 den Posten der Schulleitung des Kindergartens übernommen. «Bereits in diesen 15 Jahren hat sich sehr viel verändert», sagt Ackermann.

So wurde das zweijährige Kindergartenobligatorium eingeführt und die Heilpädagogik wurde im Kindergarten eingegliedert. «Und die nächste grosse Veränderung steht schon vor der Tür: der neue Aargauer Lehrplan», so Ackermann.

Jüngere Kinder: Anderes Programm

Nicht nur strukturell hat sich der Kindergarten verändert: Die meisten Kinder kommen bereits mit vier Jahren in den Kindergarten. «Das hat die Rahmenbedingungen verändert, wir müssen unsere Erwartungen dem Entwicklungsstand der Kinder anpassen», erklärt Welti Ferrante.

So könne sich zum Beispiel nicht mehr jedes Kind selber umziehen für den Turnunterricht: Die Selbstständigkeit habe abgenommen.

«Damit wächst auch der Druck auf die Eltern», sagt Ackermann und fügt an: «Es zeichnet sich bereits ein Trend ab, dass einige Eltern ihre Kinder deshalb ein Jahr später in den Kindergarten schicken.»

Jedes Kind trägt sein Krönchen

Auch die gesellschaftlichen Veränderungen zeichnen sich im Kindergarten ab: «Jedes Kind trägt heute sein kleines Krönchen», sagt Welti Ferrante und schmunzelt. «Im Kindergarten müssen sie es abgeben und sind plötzlich nur noch eines von vielen: Das ist manchmal schwierig für die Kinder.»

Diese Entwicklung hänge auch mit dem schwindenden Freiraum für Kinder zusammen: Gemeinsam ohne Eltern draussen spielen sei heute nicht mehr der Normalfall.

So werden auch immer öfters zusätzliche Betreuungskräfte im Kindergarten benötigt. «Glücklicherweise können wir auf Praktikanten und Senioren zurückgreifen», sagt Ackermann. Wobei Letztere eine grosse Bereicherung für die Kinder seien.

Fotos lassen Kinder die Zeit erfahren

Doch nicht ganz alles von früher hat heute keine Bedeutung mehr: Noch immer würden die Kinder gerne mit Spielsachen wie vor 100 Jahren spielen. «Stelzenlaufen, Falten und Weben, das sind heute noch beliebte Spiele», erklärt Ackermann. Genau solche Spiele dürfen Eltern und Kinder kommenden Samstag, 8. September, auf dem Bezirksschulareal ausprobieren.

Es ist der dritte Jubiläumsanlass: Im Januar fand ein Konzert für die Kindergartenkinder statt und im März marschierten sie feierlich zum Rathausplatz. Im Dezember findet dann der letzte Anlass statt: ein Kartenverkauf zugunsten eines Kinderhilfswerks.

«Im Unterricht wurde das Jubiläum aber auch thematisiert», erklärt Ackermann. Zusammen mit den Kindern wurden alte Fotos begutachtet und Grosseltern erzählten von ihrer Kindergartenzeit.

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