«Lust, die Welt zu retten?»
Sehen, riechen, selbst erleben: An der Aargauischen Berufsschau erhielten Jugendliche Einblick in 200 Berufe.
«Wir kommen gerade vom Bewerbungsgespräch-Üben», sagen vier Jugendliche, die mit einem Fragebogen in der Hand von der Halle 2 zu den Aussenständen gehen. Einer der Jungs bekam den Tipp, bei der Begrüssung einen kräftigeren Händedruck zu geben, Blickkontakt zu halten und den Vor- und Nachnamen deutlicher zu sagen. Ansonsten bekam er am Stand des Unternehmens «LPlus» positives Feedback.
Während die vier 9.-Klässler bereits auf Lehrstellensuche sind, gibt es unter den rund 40000 Besuchenden der Berufsmesse auch viele Jugendliche, die noch am Anfang der Berufswahl stehen. Sie verschafften sich im Tägi einen Überblick. Über 200 Berufe konnten sie an 70 Ständen kennen lernen. Mit Ausnahme weniger Grossunternehmen wurden die Stände von Berufsverbänden organisiert. Das ist gewollt, sagt Claudio Erdin, Geschäftsführer der Aargauischen Berufsschau: «Es geht an der Berufsschau nicht darum, Lehrlings-Marketing zu machen, sondern am Beruf Interesse zu wecken und darüber zu informieren.»
Die Besucher legten bei bekannten Berufen Hand an, setzten beispielsweise beim Gärtner verschiedene Pflanzen, pflasterten mit dem Maurer Steine aufeinander oder setzten sich am Stand der Schweizer Armee in einen Panzer.
Altbekanntes und Neues
Auch unbekanntere Berufe wie etwa Bindetechnologe, Kindheitspädagoge oder Interactive Media Designer konnte man kennen lernen. «Unseren Beruf gibt es seit rund 25 Jahren», sagt Remo Luongo, der Recyclisten ausbildet.
Gerade mal 40 Jugendliche haben in der Deutschschweiz im Sommer die Lehre als Recyclist gestartet, einer davon ist Daniel Lopes aus dem Freiamt. «Ich mag körperliche Arbeit, man sieht am Abend, was man geleistet hat, und tut etwas Sinnvolles für die Umwelt», begründet er. Zu seinen Aufgaben gehört es, angelieferte Ware zu bewerten. Entsprechend sortiert, lagert oder verlädt er das Material anschliessend. «Das Schönste am Beruf ist für mich das Bedienen und Fahren der verschiedenen Maschinen», sagt Luongo. In der Werbebroschüre, die mit dem Slogan «Lust, die Welt zu retten?» für den Beruf wirbt, wird «robust, schwindelfrei und wetterfest» als Grundvoraussetzung genannt, um in diesen Beruf einzusteigen.
Zimmerin «on tour»
Diese Eigenschaften braucht man auch als Zimmermann, Zimmerin. Lara Zwiefelhofer aus Liechtenstein ist eine der wenigen Frauen, die diesen Beruf ausüben. Als Berufsbotschafterin reist die 25-Jährige gerade mit dem Wohnmobil durch die Schweiz und machte an der Berufsschau in Wettingen halt. «Man sieht am Schluss des Tages, was man gemacht hat», nennt auch sie einen Pluspunkt ihrer Arbeit. Doch nicht nur: «Er ist vielfältig, ich finde die Teamarbeit cool, ich packe gerne an und die Arbeit mit Holz hat Zukunft und ist nachhaltig.» Die Zimmerin ist noch bis im November an Schulen, Berufsmessen unterwegs, um über ihren Beruf zu informieren und ihre Leidenschaft weiterzugeben. Zudem besucht sie unterschiedliche Holzbaubetriebe und hält ihre Erlebnisse auf Social Media fest.
Nicht alle Lehrstellen besetzt
Diese Werbung ist nötig, weil immer mehr Branchen um Nachwuchs kämpfen. Einige Lehrstellen sind noch frei. «Wir konnten die Lehrstelle als Informatiker nicht besetzten. Dafür haben wir im Tägi eine neue Lehrstelle als Instandhaltungsfachmann Sportanlage geschaffen, im Sommer hat der erste Lernende gestartet», sagt der Wettinger Gemeindeammann Roland Kuster.
Der Lehrstart steht den vier Oberstufenschülern aus Wohlen noch bevor. Doch fürs Bewerbungsgespräch sind sie nun gewappnet und haben sich an der Berufsschau nochmals vergewissert, dass ihr Berufsziel passt: Einer will Fahrzeugschlosser werden, einer Detailhandelsangestellter, einer Fachmann Betreuung und einer Fachmann Gesundheit. Die Berufsleute wird’s freuen.