«Schon unsere Urahnen haben Pfeilbögen geschnitzt»

Holzpfeilbögen, Ziehmesser und Schindelböcke fallen als Erstes auf nach dem Betreten vom Atelier des Aargauer Künstlers Daniel Schibli. In der einstigen Baumwollspinnerei Wettingen, wo im 19. Jahrhundert bis zu 800 Arbeiter ihren Lebensunterhalt verdienten, hat Daniel Schibli heute sein Atelier.

Der Pfeilbogen sei keine moderne Waffe und kein modernes Werkzeug, sondern etwas Uraltes, das Körper und Geist fordert, sagt der 59-Jährige.Caroline Mohnke

Der Pfeilbogen sei keine moderne Waffe und kein modernes Werkzeug, sondern etwas Uraltes, das Körper und Geist fordert, sagt der 59-Jährige.Caroline Mohnke

Daniel Schibli arbeitet gerne im Atelier und in der Natur. Caroline Mohnke

Daniel Schibli arbeitet gerne im Atelier und in der Natur. Caroline Mohnke

«Holz war nicht von Anfang an mein Medium», erzählt der 59-jährige Daniel Schibli. «Als ich jung war, wollte ich Maler werden.» In der Schulzeit habe er in der Limmat stehend ein Ölbild gemalt. Da er sich immer gerne bewegt hat, besuchte er nach der musischen Maturität die ETH in Zürich und machte ein Studium zum eidgenössischen Turn- und Sportlehrer. «Ich war immer sehr gerne in der Natur und es schwebte mir beruflich noch etwas anderes vor als Turnlehrer», erinnert er sich. Er besuchte die Weiterbildungsklasse Bildende Kunst an der Höheren Schule für Gestaltung Zürich.

Bewegung und Materie Holz

«Bewegung war auch immer ein zentrales Thema in meinem künstlerischen Schaffen», erzählt er. Zuerst widmete er sich Video-Arbeiten und der Filmkunst. Erst später fand Daniel Schibli zur Materie Holz. Er begann, Schindelböcke herzustellen. «Die ganzheitliche Beanspruchung mit dem Ziehmesser am Schindelbock führt zu einer ausgleichenden und beruhigenden Wirkung auf den ganzen Körper.» Der sportliche und naturverbundene Künstler fährt aus Überzeugung und aus Nachhaltigkeit kein Auto. «Mein Vater versuchte mich, als ich dreissig war, nochmals zu überzeugen, es doch noch zu lernen», erzählt er lachend. Doch er blieb bei seiner Gesinnung. «Ich laufe viel und gerne.» Er ernte zwar ab und zu verwunderte Blicke, wenn er mit einem zerlegten Schindelbock in den Zug steige. Doch es ergäben sich auch interessante Gespräche.

«Von dort nehmen, wo es zu viel hat»

An einem Schindelbock arbeite er bis zu dreissig Stunden. Ein neuer Schindelbock steht auf dem Brünig-Hasliberg. Gefertigt aus einem Ahorn, der auf dem Gelände des Naturfreundehauses gefällt werden musste. In Wettingen und Zürich gibt Schibli Pfeilbogen-Baukurse. Das Handwerk hat eine mehrere Tausend Jahre alte Tradition. Seine Schindelböcke kommen auch an den Steinerschulen zum Einsatz, wo er Schnitzkurse gibt. «Der Pfeilbogen ist keine moderne Waffe und kein Werkzeug, sondern etwas Uraltes, das Körper und Geist fordert», erzählt der in Zürich wohnhafte Daniel Schibli. «Schon unsere Urahnen haben Pfeilbögen geschnitzt.» Blickt man aus Schiblis Atelier, sieht man direkt auf einen kleinen Wasserfall der Limmat. In einer Ecke am Fenster stehen die Rohlinge für die Bögen. «Wenn das Design auf dem Rohling eingezeichnet ist, gehts auf den Schindelbock. Dort werden so lange Späne abgezogen, bis sich der Rohling anfängt zu biegen, wenn man ihn durchdrückt. Bogenbau ist eigentlich ganz einfach: Wir nehmen dort Holz weg, wo es zu viel hat», erklärt Daniel Schibli. Am Schluss folgt der Feinschliff. Ein Bogen ist immer so lang wie die Körpergrösse und wird der Kraft und der Armlänge des Bogenschützens angepasst. Nebst Pfeilbogenbaukursen gibt er auch Flötenbaukurse und schnitzt Kochkellen.

Daniel Schibli arbeitet seit Jahren als Werklehrer an einer Privatschule. Er gibt unter anderem Kurse für Kinder im Wald und bringt ihnen die Natur und den Bezug zu Holz näher. «Dazu gehört auch auf Bäume klettern, zum Beispiel auf 30 Meter hohe Tannen, gesichert natürlich.» Wenn er abschalten will, zieht er sich in seine Glarner Alphütte zurück und spielt auf seiner selbstgeschnitzten Shakuhachi, einer Meditationsflöte.

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