4-Stunden-Messe vor 2000 bis 3000 Gläubigen

Einiges ist gleich, das meiste jedoch anders: Der afrikanische Priester aus Nigeria und die Priorin aus dem Kloster Fahr tauschten sich über Osterfeierlichkeiten aus.

Austausch zwischen der Priorin Irene vom Kloster Fahr und dem afrikanischen Priester Obiora Ike, der vergangene Woche in der Schweiz weilte. Foto: bär Herzlich willkommen, mit den Benediktinerinnen Ostern zu feiern. Osterdeko im Kloster.

Austausch zwischen der Priorin Irene vom Kloster Fahr und dem afrikanischen Priester Obiora Ike, der vergangene Woche in der Schweiz weilte. Foto: bär Herzlich willkommen, mit den Benediktinerinnen Ostern zu feiern. Osterdeko im Kloster.

«Wie in allen katholischen Kirchen feiern wir in Nigeria Ostern auch mit einem Gottesdienst. Allerdings dauert er bei uns rund vier Stunden und wir haben andere Gesänge als ihr in der Schweiz», sagt der afrikanische Priester Obiora Ike.

Nicht in allen Dörfern gebe es eine Kirche, «dann halten wir den Gottesdienst einfach unter einem Mandelbaum ab.» Ein weiterer Unterschied ist die Besucherzahl: Obiora Ike hält seine Predigt vor 2000 bis 3000 Gläubigen. Sie bringen Ziegen, Kühe, Hühner und vieles mehr als Spende mit. «Die geben wir an Waisenhäuser, Strassenkinder oder andere Bedürftige weiter, die dann wieder eine Woche zu essen haben.»

In seiner Heimat sei es normal, dass afrikanische Christen vor dem Osterfest beichten gehen und den Gottesdienst besuchen. Als Christ lebt man in einem Drittel der afrikanischen Länder in der Minderheit, 95% sind Muslime, Tendenz zunehmend. Sein Vater war der erste Christ in seinem Dorf und hat vorher eine Naturreligion praktiziert. Für Ike war schon als Fünfjähriger klar, dass er katholischer Priester werden wollte. «Wenn man hört, dass 40000 Kinder pro Tag sterben, kann einen das nicht unberührt lassen.» Für ihn ist nicht das Haben, sondern das Sein wichtig. Damit ist er nicht der Einzige. In Nigeria werden jedes Jahr 800 Priester geweiht. Trotz Widerstand gibt es keine Nachwuchsprobleme. Auch nicht im Kloster: «Viele junge Mädchen, die ins Kloster wollen, müssen aus Platzgründen abgewiesen werden.»

Als Priester erlebe er tagtäglich Bedrohungen aufgrund seines Glaubens. Einmal entkam er dem Tod nur knapp. Dennoch strahlt er übers ganze Gesicht und sagt: «Der Mensch darf nicht in Angst leben, sondern soll Gott vertrauen und darauf, dass alles, was Gott zulässt, gut ist.» Diesen Mut will ich anderen weitergeben. Er sei überzeugt, dass es Christen nicht zu leicht haben dürfen, weil sie sonst schlafen, lau werden und nicht mehr schätzen, was sie haben. Auf die Frage, ob er damit die leeren Kirchen in der Schweiz anspreche, antwortet er: «Wir in Afrika haben einen Überlebensdruck, ihr hier steht unter Leistungsdruck. Beides ist ein Druck.»

Hat Priorin Irene eine Erklärung, warum Priester Ike vor Tausenden von Leuten predigt, während die Kirchen in der Schweiz selbst an Ostern nicht gefüllt sind? «Es verdeutlicht die Tendenz unserer Gesellschaft hier. Man will sich nicht binden. Das heisst jedoch nicht, dass die Leute nicht suchend sind.»

Im Kloster Fahr versucht man, dieser neuen Art von Suche mit der Öffnung vor Ort entgegenzu- wirken: Man kann als Gast im Kloster übernachten, im Klosterladen einkaufen, bei einer Besichtigung mit Schwestern ein Gespräch führen oder eine Liturgie mit ihnen feiern. Auch bei nicht übervoller Kirche ist für die Schwestern Ostern trotzdem ein besonderes Fest. «Es ist ein Weg, der am Palmsonntag beginnt. Ostern kann es nur werden, wenn wir uns auch des Schmerzes, den Jesus an Karfreitag ertrug, bewusst sind.» Gemeinsam zelebrieren die Schwestern deshalb mehrere Stationen. Es beginnt am Palmsonntag mit der Segnung der Palmzweige, am Donnerstag feiern sie das letzte Abendmahl, gefolgt von der Karfreitagsliturgie, und das Fest endet am Ostermorgen mit dem Auferstehungsgottesdienst. Neben dem geistlichen Aspekt pflegen sie auch Schweizer Brauchtümer wie das Backen von Ostergebäck, das Dekorieren des Osterbaums oder das Ostereierfärben. Diesen Brauch kennt man übrigens auch in Afrika. «Und die Eierkultur, als Symbol fürs Leben, das durch den Tod von Jesu herausgeschält wird, stammt sogar aus dem dritten Jahrhundert aus Ägypten», sagt Ike. Zu Ostern werden deshalb auch in Afrika Eier gegessen. «Jedoch nur Hühnereier, Schokoladeneier kennen wir nicht», lacht der Afrikaner.

Gottesdienste während der Ostertage im Kloster Fahr: Hoher Donnerstag, 2. April: keine Vesper, 19.30 Uhr, Abendmahlsfeier, anschliessend Komplet; Karfreitag,3. April: 7 Uhr, Trauermette, 9.30 Uhr, Kreuzwegandacht in der Kirche, 15 Uhr, Karfreitagsliturgie; Karsamstag, 4. April: 7Uhr, Trauermette, 17.30 Uhr, Vesper; Ostersonntag, 5. April: 5 Uhr, Auferstehungsfeier, anschliessend Laudes, 9.30 Uhr, kein Gottesdienst, 16 Uhr, Vesper, 19.30 Uhr, Komplet; Ostermontag, 6. April: 7Uhr, Laudes,10 Uhr, Eucharistiefeier, 16 Uhr, Vesper, 19.30 Uhr, Komplet. Herzlich willkommen! Die Benediktinerinnen freuen sich, wenn Sie mit ihnen diese österlichen Tage feiern.

 

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