40 Zivilschützer aus der Region halfen beim Contact-Tracing mit

Die Zahlen sind omnipräsent: die an Covid-19 erkrankten und in Quarantäne gesetzten Personen. Um sie zu kontaktieren, halfen beim Contact Tracing zwei Wochen lang 40 Angehörige der Zivilschutzorganisation Wettingen-Limmattal mit.

Raphael Boge leitete den Einsatz der Zivilschützer. zVg

Raphael Boge leitete den Einsatz der Zivilschützer. zVg

Einer der vierzig Zivilschützer, die in der Koordinationsstelle im Einsatz waren.

Einer der vierzig Zivilschützer, die in der Koordinationsstelle im Einsatz waren.

«Es war anspruchsvoll», resümiert Sandro Mannarino. Der 29-Jährige ist einer der vierzig Zivilschützer aus dem Limmattal, die in der Koordinationsstelle Conti, dem Contact Tracing des Kantons, die vergangenen zwei Wochen mithalfen. Zusammen mit über 100 anderen «Tracern» rief er infizierte Personen und deren Kontaktpersonen an und informierte sie. Anspruchsvoll auch wegen sprachlicher Barrieren und vieler Rückfragen. «Man realisiert, dass viele infizierte Personen in der Nähe wohnen, obwohl man selbst vielleicht fast oder gar niemand kennt.»

Anspruchsvoll war der Einsatz auch für Raphael Boge, der ihn leitete. Zwar waren die Zivilschutzorganisationen (ZSO) vorinformiert, dass sie bei einer Überlastung der Koordinationsstelle Conti zur Mithilfe aufgeboten würden. «Doch wir wussten nicht in welchem Rahmen und kannten nur den ungefähren Zeitraum», so Boge. Im Januar kam dann das Aufgebot: Vom 18. bis 31. Januar nahm das «Conti» Unterstützung von 40 Angehörigen der ZSO Wettingen-Limmattal in Anspruch. Die Männer arbeiteten in den «Conti»-Büroräumen im Zweischichtbetrieb von 7 bis 22 Uhr in Aarau.

Vorher musste Boge mit zwei weiteren Führungskräften innerhalb weniger Tage das Team zusammenstellen. Zuerst konnten sich Freiwillige melden, danach wurde aufgeboten. «Es handelt sich um einen Ernstfalleinsatz, da muss einrücken, wer aufgeboten wird», stellt Boge klar. Nicht alle Arbeitgeber seien glücklich über solche Einsätze ihrer Mitarbeiter. «Aber es gibt auch nicht viel Widerstand. Schliesslich wissen sie, dass sie vielleicht auch einmal von unserem Einsatz profitieren.» Wie bei Militäreinsätzen wird der Lohn auch bei Zivilschützern durch den Erwerbsersatz gedeckt.

Durchschnittlich 15- bis 20-minütige Gespräche

Nach einer halbtägigen Schulung galt es für die Zivilschützer dann ernst: Sie riefen positiv getestete Personen und ihre Kontaktpersonen an und informierten sie über Massnahmen, Isolation und Quarantäne. 15 bis 20 Minuten dauere ein Gespräch durchschnittlich, so Boge. «Vor allem ältere Personen waren dankbar, dass sie mit jemandem einen Schwatz halten können», sagt Severin Rieder, einer der Zivilschützer. Dankbar hätten auch Arbeitnehmende reagiert, die eine Verfügung zum Abgeben an den Arbeitgeber erhielten. Negative Reakti-onen gab es von dem knappen Drittel der Personen, die bereits mehrmals von anderen «Tracern» angerufen worden waren. Diese Doppelspurigkeit habe mit dem System zu tun, weiss Boge: Nicht der ganze Ablauf ist vollständig digitalisiert, sodass nicht ersichtlich ist, wenn eine Person mehrmals aufgeführt und deshalb schon kontaktiert worden ist. Er hat Verständnis dafür: «Wie will man in neun Monaten ein vollständig funktionierendes System neu aufbauen?»

Contact-Tracing ist aufwendiger als erwartet

Mittlerweile ist der Einsatz der Zivilschutzorganisation beendet und das «Conti» wird von anderen Helfern unterstützt. Bei den 40 Männern aus dem Limmattal hat der Einsatz aber teilweise Spuren hinterlassen. «Ich hätte nie gedacht, wie aufwendig das Contact Tracing ist, wie viele Schritte involviert sind, auch für die telefonische Betreuung während der Isolation und Quarantäne», zieht Rieder Fazit. «Es wird viel Manpower benötigt», sagt Zivilschützer Tim Voser und Michael Klee doppelt nach: «Ja, es ist erstaunlich, wie viele Personen pro infizierte Person kontaktiert und teilweise in Quarantäne gesetzt werden müssen und sogar andere angesteckt haben.» Wie hoch die Zahl effektiv ist, wollte das Departement Gesundheit und Soziales auf Anfrage der «Limmatwelle» nicht bekannt geben und verwies auf ihre Website mit den laborbestätigten Fällen. Am Montag sind 95 neue Fälle hinzugekommen.

Die Männer dürften aber sowieso weniger die Zahlen als die Menschen dahinter interessieren, mit denen sie ins Gespräch kamen. «Der Einsatz hat das Kleinreden der Pandemie für mich relativiert, weil ich auch von krassen Fällen erfahren habe. Die Angst vor Spätfolgen oder dass der Geschmacksverlust nicht mehr weggeht, wurden häufig genannt», sagt Zivilschützer Sandro Mannarino. Bei Einsatzleiter Boge sind die Pandemie-Auswirkungen mittlerweile auch in seinem Beruf in der Versicherungsbranche angekommen. Es gibt Kunden, die Konkurs anmelden und Verträge für die berufliche Vorsorge (BVG) kündigen. «Das sind Menschen, die an ihrer Existenz nagen. Deshalb will ich nicht jammern, sondern zufrieden sein, auch wenn mir die sozialen Kontakte fehlen», sagt er einen Tag nach Einsatzende. Im Wissen, dass ein erneuter Einsatz jederzeit möglich ist. «Wenn es uns braucht, sind wir auch als Milizeinheit jederzeit bereit für einen erneuten Einsatz.»

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