Die neuen Stromzähler stehen im Gegenwind - wegen Strahlen

Würenlos muss sogenannte «Smart Meter» kaufen. Die Gmeind wird darüber abstimmen. Im Dorf hat sich nun eine Interessengemeinschaft gebildet, die den Kauf ein halbes Jahr verschieben will.

Andreas Pestalozzi (links) von der «IG Mitsprache 5G z Würelos» und Richard Weber, Geschäftsführer der Technischen Betriebe Würenlos: Der eine will «smarte Smart Meter», der andere plädiert für den Vorschlag des Gemeinderats.Gaby Kost
Andreas Pestalozzi (links) von der «IG Mitsprache 5G z Würelos» und Richard Weber, Geschäftsführer der Technischen Betriebe Würenlos: Der eine will «smarte Smart Meter», der andere plädiert für den Vorschlag des Gemeinderats.Gaby Kost

Das Alterszentrum ist nicht das einzige Thema, das Würenlos beschäftigt. Die Gemeinde möchte an der Gemeindeversammlung vom 8. Dezember über den Kauf von intelligenten Stromzählern, sogenannten «Smart Meter», abstimmen. Dagegen wehrt sich nun eine Interessengemeinschaft namens «IG Mitsprache 5G z Würelos».

Worum geht es? Bisher lesen Stromversorger, in Würenlos sind das die Technischen Betriebe (TBW), den Strom von Hand ab. Das soll sich ändern. Das Schweizer Stimmvolk hat 2017 die Energiestrategie 2050 angenommen. Darin verpflichtet der Bund die Gemeinden unter anderem, bis 2027 80 Prozent der bisherigen Stromzähler durch «Smart Meter» zu ersetzen. Diese messen, wie viel Strom wann verbraucht wird. Der «Smart Meter» überträgt die Daten via Kommunikationsnetz an den Stromversorger, die TBW. Diese lesen die Daten regelmässig automatisch ab. Das Ablesen von Hand fällt weg. Der Stromverbraucher erhält wie bisher eine Rechnung. Akontorechnungen gibt es keine mehr.

Die Gemeinde Würenlos muss diese Vorgaben umsetzen. Damit sie sich nicht allein um die Besorgung der neuen Stromzähler kümmern muss, trat sie vergangenes Jahr der «e-sy AG» bei. Das ist ein Verbund von 36 Gemeindewerken im Aargau. Ihr Ziel ist es, durch die Grösse des Verbunds die «Smart Meter» günstig zu beschaffen. Die AG hat nach der öffentlichen Ausschreibung entschieden, die Zähler bei der Firma Landis+Gyr einzukaufen. Die Gemeindewerke wiederum können die «Smart Meter» bei der «e-sy» beziehen.

Würenlos möchte das tun: Die Gemeinde plant, in den nächsten drei Jahren 3700 neue «Smart Meter» zu installieren. Über den Kredit für den Kauf dieser Zähler und den Unterhalt sollen die Stimmbürger an der Wintergmeind entscheiden. Der Kredit umfasst 1,85 Millionen Franken.

Mit 5G haben die «Smart Meter» nicht viel zu tun

Nun bildet sich Widerstand gegen das Vorhaben der Gemeinde. Die zu Beginn erwähnte IG hat in einem offenen Brief an den Gemeinderat zu einer Informationsveranstaltung geladen. Sie fand am vergangenen Donnerstag statt. Dabei sprach Andreas Pestalozzi in Bezug auf Mobilfunkstrahlen von «elektronischem Hausfriedensbruch». Die elektromagnetischen Strahlen würden von aussen ins Haus geschickt, ohne dass die Bewohner damit einverstanden seien. Pestalozzi selbst wohnt in Würenlos, ist pensionierter Lehrer und Elektroingenieur und hat die IG mitbegründet.

Zu diesen belastenden Strahlenquellen würden bald auch die «Smart Meter» gehören: Wenn sie nicht minimiert werden, verursachen sie unnötig viele Strahlen, die sich im ganzen Haus verteilen, sagt Pestalozzi. Das könne gesundheitliche Folgen haben. Die IG wolle keinen «Dauerstrahler» im Keller. Sondern eine moderate Datenübertragung, die möglichst wenig Immissionen ins Haus bringt. «Wir möchten, dass die ‹Smart Meter› smart laufen», erklärt Pestalozzi. Dazu wird die IG an der Wintergmeind den Antrag stellen, den Entscheid über den Kredit ein halbes Jahr zu verschieben. «So können wir gemeinsam mit der Gemeinde eine Arbeitsgruppe bilden, in der die Details für ‹gezähmte Smart Meter› vereinbart werden», sagt Pestalozzi.

Vizeammann Nico Kunz (FDP) würdigt die Idee, dass die «Smart Meter» so wenig Strahlen wie möglich abgeben sollen. Er sagt auch, hätte die Gemeinde von den Plänen der IG gewusst, hätte sie früher kommuniziert. Das habe man erst vor der Installation der «Smart Meter» im 2021 vorgehabt. Er sagt aber auch: «Wenn Würenlos einen eigenen Weg mit speziellen ‹Smart Meter› gehen will, sprechen wir vermutlich von höheren Ausgaben als 1,85 Millionen Franken.» Die «e-sy AG» habe bereits Arbeitsgruppen, die den Funktionen der «Smart Meter» auf den Grund gehen. Da brauche es von Würenlos keinen Sonderweg. «Ich verlasse mich auf die Fachspezialisten von ‹e-sy›. Sie sind fundiert genug.»

Bereits vor einer Woche hatte sich der Gemeinderat zu diesem offenen Brief geäussert: «Smart Meter» hätten nichts mit 5G zu tun. Das bekräftigt auch Richard Weber, Geschäftsführer der Technischen Betriebe Würenlos: «Die Übertragung der Daten funktioniert nicht mit dem 5G-Mobilfunknetz, sondern mit dem gewöhnlichen Stromnetz, dem PLC.» Er glaubt auch nicht, dass sich das ändern wird. «Wenn das PLC-Netz installiert ist, dann bleibt es dabei.» Einzig bei abgelegenen Liegenschaften, die das Stromnetz nicht erreicht, könnte auf das 4G-Mobilfunknetz zurückgegriffen werden. Auch Pestalozzi erklärt auf Nachfrage, die Gemeinsamkeit zwischen 5G und den «Smart Meter» sei, dass beide elektromagnetische Strahlen abgeben, die der Gesundheit schaden.

Vizeammann: «Wir werden den Antrag nicht zurückziehen»

Pestalozzi stellt auch den Schutz der Daten, die die «Smart Meter» übermitteln, in Frage. Auch das beantwortet die Gemeinde in ihrem Statement von vergangener Woche: «Die Sicherstellung der Datensicherheit ist in der Gesetzgebung genau definiert.» Heisst: Die Daten unterliegen dem Datenschutzgesetz.

Würenlos will in den nächsten drei Jahren umrüsten. Bis 2027 hat die Gemeinde Zeit dafür. Wieso macht sie es jetzt schon? 2027 müsse das System funktionieren, erklärt Weber. «Wenn wir 2023 fertig sind, haben wir noch genug Zeit, um sicherzustellen, dass der Betrieb auch reibungslos funktioniert.» Dafür müssten auch Verrechnungsprozesse, die die «Smart Meter» mit sich bringen, angepasst werden. Ausserdem sei das Ausschreibungsverfahren der «e-sy AG, zu der Würenlos ja auch gehört, bereits jetzt abgeschlossen.

Und auch nach der Informationsveranstaltung sagt Kunz: «Wir werden Antrag nicht zurückziehen.»

Die weiteren Traktanden

Auf dem Programm der Wintergmeind vom 8. Dezember stehen unter anderem auch die Rechnung 2019 und das Budget 2021. Letzteres sieht ein Plus von 638800 Franken vor. Der Steuerfuss soll bei 103 Prozent bleiben. Auch Thema ist die Kreuzung Bahnhof- und Landstrasse. (rb)

Wer ist die «IG Mitsprache 5G z

Würelos»?

Die «IG Mitsprache 5G z Würelos» ist ein Zusammenschluss von mehreren Würenlosern und Würenloserinnen. Die IG wurde im Sommer nach einer Unterschriftensammlung gegen eine geplante 5G-Antenne im Gewerbegebiet Grosszelg gegründet. Die Mitglieder haben es sich zum Ziel gemacht, die Strahlenbelastung in Würenlos zu reduzieren: Sie wollen beim Ausbau der 5G-Technologie in Würenlos mitreden können. Und sie möchten aufzeigen, dass es umweltverträglichere Alternativen zur Datenübertragung gibt als 5G. Als Beispiel nennen sie Glasfasernetze. (rb)

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