Schule zieht Konsequenzen

Der Fall des an der Schule Würenlos freigestellten Lehrers, der am Donnerstag vor Ostern auf seinem Schul-PC eine Sex-Dating-Website aufgerufen hatte, hat Folgen insbesondere im Anstellungsverfahren.

Das mediale Echo auf den Vorfall war gewaltig und rief internationale Aufmerksamkeit hervor. «Es war eine intensive Zeit», sagt Schulpflegepräsident Rainer Kirchhofer. Er hat zusammen mit Schulpfleger Martin Brogle (zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit) und Schulleiter Lukas Müller den Konflikt gemanagt.

Inzwischen wurden auch die ersten Konsequenzen für die Schule Würenlos gezogen. Erstens beantragen Schulpflege und Schulleitung beim Departement für Bildung, Kultur und Sport (BKS), dass der betroffene Lehrer auf die schwarze Liste der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) gesetzt wird. Damit wird das Lehrerpatent entzogen und eine weitere Beschäftigung in der Schweiz ausgeschlossen. «Was diese Lehrperson bei uns und vorher schon in Döttingen ausgelöst hat», sagt Kirchhofer, «muss man festhalten, damit sie nicht an einen nächsten Ort geht und wieder das Gleiche auslöst.»

Darüber hinaus wünscht sich Müller, dass diesbezüglich auch auf kantonaler Ebene eine bessere Vernetzung unter den Schulen entstehen würde; quasi ein Standardverfahren, das Vorfälle und Qualitätsdefizite festhält, die zwar nicht für die schwarze Liste reichen, aber in einem Anstellungsverfahren dennoch relevant sind. Denn: «Es braucht sehr viel, bis eine Lehrperson auf die schwarze Liste der EDK kommt», sagt Müller. Und: Die schwarze Liste hat im vorliegenden Fall nichts genützt, weil der fehlbare Lehrer nicht drauf ist. Die Arbeitszeugnisse zeigten manchmal ein zu positives Bild: «Es ist aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht einfach, Defizite einer Lehrperson zu benennen», sagt Kirchhofer.

Die zweite Konsequenz betrifftdas Anstellungsverfahren: Künftig wird von Bewerbern ein Sonderprivatauszug aus dem Strafregister eingefordert. Diesen gibt es laut Kirchhofer erst seit letztem Jahr. «Der Sonderprivatauszug gibt», so Brogle, «Auskunft über vorbelastende Geschichten für Leute, die im pädagogischen Bereich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten.» Zudem wird die Schule Würenlos Arbeitszeugnisse und Referenzen von zeitlich weiter zurückliegenden Arbeitgebern einholen. Bisher war es üblich, den letzten Arbeitgeber zu konsultieren. Kirchhofer ist überzeugt, dass das strengere Regime nicht abschreckend auf Bewerber wirkt, im Gegenteil: «Es spricht für die Qualität der Schule, dass wir diese Aspekte ernst nehmen.»

Die dritte Konsequenz betrifft den Internetzugang der Schule. Der wird im Rahmen des Projekts «Schule ans Internet» von Swisscom offeriert und vom BKS betreut. Schweizweit sind über 6000 Schulen angeschlossen, im Aargau 500. Der zentrale Inhaltsfilter sperrt grundsätzlich Kategorien von Internetseiten mit problematischen Inhalten. Die Schulpflege hat inzwischen geprüft, ob zusätzliche Filter noch mehr Sicherheit gewährleisten könnten. Kirchhofer hat mit aussenstehenden Fachleuten Rücksprache genommen und sich bestätigen lassen, dass es sich um einen starken, aber nicht lückenlosen Filter handelt: «Viele Schulen haben eher das Problem, dass er zu stark ist. Wenn eine Lehrperson beispielsweise das Thema Aufklärung vorbereiten will, findet sie kaum mehr etwas.» Man kam daher zum Schluss, dass es keinen weiteren Schutzfilter braucht. Vom BKS erhielt man die Auskunft, es finde laufend eine automatisierte Kategorisierung der Milliarden von Internetseiten statt. Die fragliche Internetseite sei inzwischen ebenfalls gesperrt. Brogle spricht von einem Katz-und-Maus-Spiel zwischen Anbietern verbotener Seiten und dem Inhaltsfilter. Immerhin ist man sich jetzt der Problematik bewusster geworden.

Der konkrete Vorfall hat die Schule zwar unvorbereitet getroffen. Leitplanken, wie damit umzugehen ist, hat man in Würenlos aber schon seit über 10 Jahren: Ein 55-seitiges Krisenmanual dokumentiert und regelt das Vorgehen in den verschiedensten Not- und Krisenfällen.

Und was ist mit der betroffenen6. Klasse? «Die Schülerinnen und Schüler hatten sofort gesagt: Wir wollen wieder Schule haben», berichtet Müller. Einen normalen Alltag eben, sich auf die Projektwoche nach den Ferien freuen, ihr Abschlussquartal vorbereiten. Eine Intervention habe es nicht gebraucht. «Wir hatten auch Glück», sagt Kirchhofer, «dass die Lehrerin, die am Mittwoch nach Ostern eingesprungen war und die Klasse übernommen hatte, jetzt bis zum Ende des Schuljahres bleibt.»

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