«Wir sind Neuenhof»
Der Neuenhofer Gemeinderat und die Geschäftsleitung gingen in Klausur. Dabei fassten sie eine wegweisende Entscheidung und diverse Leit- sätze.
«Es ist nicht mehr das Ziel von Neuenhof, ein Stadtquartier von Baden zu werden», sagt Gemeindeammann Martin Ueblhart (Mitte) bei der Präsentation der neuen Vision und fügt an: «Es kann nicht sein, dass wir als 9000-Seelen-Dorf wirtschaftlich nicht eigenständig überleben können.» Deshalb hat der Gemeinderat den neuen Slogan «Wir sind Neuenhof» gefasst.
Vor über 12 Jahren tönte es noch ganz anders. Damals wollte Neuenhof mit Baden fusionieren und somit ein Teil der Stadt werden. Ihr Wille scheiterte jedoch an der Urne: Während das Neuenhofer Stimmvolk klar dafür war, lehnten die Badener die Fusion knapp ab – 24 Stimmen führten zum Nein.
Neuenhofs neues Selbstbewusstsein, «mutig, selbstbestimmt und eigenständig vorauszugehen und aktiver Partner in der Region zu sein», wie die Gemeinde ihre neue Vision formuliert, hat auch mit der finanziellen Lage zu tun. Denn seit 2018 profitiert sie vom neuen Finanz- und Lastenausgleich. Während zuvor jährlich maximal rund 300000 Franken in die Gemeindekassen flossen, sind es seither jährlich über 4 Millionen Franken. (2018: 4,73 Mio. Franken, 2019: 4,23 Mio. Franken, 2020: 4,88 Mio. Franken, 2021: 3,78 Mio. Franken). Das hilft der Gemeinde, finanziell unabhängig zu sein.
«Die damalige Fusion war eine Geldgeschichte», sagt Vizeammann Petra Kuster Gerny (SVP), die schon damals im Gemeinderat sass. Der Kanton hätte die Fusion mit 4,3 Mio. Franken unterstützt. Auch jetzt habe man zwar kein goldiges Zeitalter vor sich, resümierte Uebelhart, «aber ein eigenständiges Zeitalter».
Finanziell unabhängiger
Das Geld, das aus dem kantonalen Finanz- und Lastenausgleich in die Gemeindekasse fliesst, ist ein Teil, der zur finanziellen Verbesserung führt. «Wir haben in der Vergangenheit aber auch einfach gelernt, kreativ mit knappen finanziellen Mitteln umzugehen», so Kuster. Als Beispiel nennt sie die Änderung der Bau- und Nutzungsordnung (BNO), die im Herbst 2018 in Kraft trat. Das habe dazu geführt, dass Investoren in Neuenhof bauen oder sanieren wollen. Es sind bereits mehrere Neubauprojekt in Planung, beispielsweise an der Stock- und der Lagerstrasse sowie im Eich. Der Gemeinderat hofft, dass der attraktive Wohnraum, der dank neuer BNO vermehrt entsteht, auch finanzstarke Mieter und Eigentümer anzieht, was sich positiv aufs Steuersubstrat auswirken wird. «Im Moment können wir es noch nicht in Zahlen ausdrücken, aber wir erwarten, dass die Neubauten gute Steuerzahler anziehen», so Uebelhart.
Ebenfalls zur Verbesserung der finanziellen Lage führen soll der Verkauf der Villa Ermitage und die Umnutzung im Härdli (die Limmatwelle berichtete). Zurzeit liegt Neuenhof mit Pro-Kopf-Schulden von 4000 Franken über der kantonalen Empfehlung von 2500 Franken pro Kopf. «Unser Ziel ist es sogar, unter diesen Wert zu kommen.»
Diesem Ziel gegenüber stehen diverse Leitsätze, die ebenfalls in der Klausur gefasst wurden. So soll etwa eine nachhaltige und klimaneutrale Energiepolitik betrieben oder bei der Digitalisierung moderne Interaktionen angewendet werden. «Ja, das ist teilweise ein Zielkonflikt und wir werden Notwendiges und Wünschbares trennen müssen, um Schulden abbauen zu können», gibt sich der Gemeindeammann selbstkritisch.
Leitsatz: «Auf uns ist Verlass und wir übernehmen eine aktive Rolle»
Neuenhofs neues Selbstbewusstsein wirkt sich auch auf bestehende Partnerschaften aus. «Wir hinterfragen bestehende Kooperationen», führte Uebelhart den neuen Leitsatz in Zusammenhang mit der Region aus. Das bedeute aber keineswegs, dass bestehende sinnvolle Zusammenarbeit wie beispielsweise beim Zivilstandsamt, der Regionalpolizei oder dem Zivilschutz in Frage gestellt würde. «Das sind Verbundsaufgaben und es käme niemandem in den Sinn, diese in Frage zu stellen», so Kuster. «Im Gegenteil, wir wollen uns als noch aktivere Partner bei Kooperationen eingeben», doppelte Uebelhart nach.
An der Medienkonferenz informierte der Gemeinderat zudem über Anpassungen im Organigramm. In Kusters Ressort Werke und Sicherheit angesiedelt ist neu die Regionalpolizei, wo auch das sogenannte Wehrwesen ist. Zuvor gehörte es Uebelharts Ressort an. Mit der Abschaffung der Schulpflege hat Schulleiterin Renate Baschek definitiv Einsitz in die Geschäftsleitung genommen. Zuvor war sie provisorisch im Gremium.